Deutsche Bank zwischen Kapitalerhöhung und Kulturwandel
Stand: 21.10.2014
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Frankfurt/Main - Halbzeit für ein ungleiches Duo: Seit Juni 2012 führen Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Deutsche Bank, Ende Oktober ist damit die Hälfte ihrer Amtszeit als Co-Chefs vorbei. Die Verträge der beiden Manager laufen bis zum 31. März 2017. Ihre fünf Kernaufgaben hat die Doppelspitze selbst festgelegt: "Kapital, daneben Kosten, Kompetenzen, Kunden und Kultur." Eine Zwischenbilanz.
Kapital: Der "Hungermarsch" sei vorbei, verkündet Jain Ende im April 2013, nachdem sich der deutsche Branchenprimus überraschend quasi über Nacht rund drei Milliarden Euro frisches Kapital bei Investoren besorgt hatte. Eine Fehleinschätzung, wie sich nur gut zwölf Monate später zeigt. Die nächste Kapitalerhöhung folgt im Mai/Juni 2014. Dieses Mal sammelt der Dax-Konzern rund 8,5 Milliarden Euro ein und bekommt einen neuen Großaktionär: Scheich Hamad bin Dschassim bin Dschaber al-Thani aus Katar.
Anteile der Alt-Aktionäre werden verwässert, Aktionärsschützer kritisieren, die Bank nehme "Staatsgeld aus dem Orient" an, um ihre Ziele zu erreichen. In Sachen Kapital hat sich die Bank Luft verschafft. Doch wegen gewaltiger Rechtsrisiken und strenger Vorschriften kann sich das Institut nicht auf seinen dickeren Puffern ausruhen.
Kosten: Seit ihrem Amtsantritt versuchen Jain und Fitschen mit einem harten Sparprogramm, gegen sinkende Einnahmen und zunehmende Belastungen aus immer strengeren Regeln der Aufsichtsbehörden zu steuern. Bis Ende 2015 sollen die Kosten um 4,5 Milliarden Euro gedrückt werden. Zur Vorlage der Halbjahreszahlen Ende Juli 2014 verkündet der Vorstand: Man sei auf Kurs, inzwischen seien 2,6 Milliarden Euro der angestrebten Summe geschafft. Gerüchte, über eine Ausweitung des Sparprogramms weist Finanzchef Stefan Krause zurück.
Im Frühjahr musste das Institut sein neues Renditeziel von zwölf Prozent nach Steuern aber schon um ein Jahr auf 2016 verschieben. Einer der größten Unsicherheitsfaktoren bleiben Rechtsstreitigkeiten: 2,2 Milliarden Euro hat die Bank für drohende juristische Niederlagen zurückgelegt. Dazu kommen könnten 3,2 Milliarden Euro Belastungen, für die noch keine Vorsorge getroffen wurde (Stand 29.7.2014).
Kompetenzen: Eisern verteidigen die beiden Vorstandschefs das Geschäftsmodell. Sie wollen das Institut als global führende Universalbank behaupten, die vom klassischen Privatkundengeschäft über ein umfassendes Investmentbanking bis hin zur Vermögensverwaltung alle Bankdienstleistungen anbietet.
Damit setzt sich die Deutsche Bank von vielen europäischen Konkurrenten ab, die vor allem das kapitalintensive und schwankungsanfällige Investmentbanking zurückfahren. Das Problem an der Strategie des Dax-Konzerns: Er könnte sich verzetteln. Bei weitem nicht überall sind die Frankfurter Weltspitze. So gibt es etwa in der Vermögensverwaltung trotz erster Erfolge noch viel Nachholbedarf.
Kunden: "Wir erarbeiten uns das Vertrauen unserer Kunden, indem wir sie in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen" - so steht es im Wertekanon der Bank, auf den die Führungsspitze die knapp 100 000 Mitarbeiter im Juli 2013 einschwor. Co-Chef Fitschen, der als Präsident des Privatbankenverbandes BdB zugleich das Sprachrohr einer ganzen Branche ist, macht keinen Hehl daraus: Dass manche Banken in Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008 die Welt an den Rand des Ruins gezockt haben, hat eine ganze Industrie in Verruf gebracht. Bis heute mühen sich Banker um den Spagat zwischen Kundeninteressen und eigenem Profit - kein leichtes Unterfangen in einem umkämpften Markt.
Kultur: "Kulturwandel" - dieses hehre Unterfangen schwebt über allem. "Wir wollen nicht nur als eine anständige Bank wahrgenommen werden, sondern wir wollen auch eine anständige Bank sein", sagt Fitschen. Immer wieder stellt er klar: Wer nicht mitzieht, fliegt raus.
Dabei riskiert das Führungsduo auch Konflikte mit Mitarbeitern: So zieht sich etwa ein Rechtsstreit um die fristlose Kündigung von vier Händlern im Zusammenhang mit Manipulation der Referenzzinsen Euribor und Libor seit mittlerweile mehr als einem Jahr. Zudem verliert die Bank gerade in London Investmentbanker, wie Spartenchef Colin Fan der "Financial Times" kürzlich bestätigte. Die Bank weine diesen Leuten aber keine Träne nach: Sie hätten es ausschließlich auf Geld abgesehen und passten nicht mehr in die neue Bankenwelt.
Doch juristische Altlasten lassen immer wieder Zweifel am "Kulturwandel" aufkommen. Sogar Fitschen ist angeklagt: Wegen versuchten Prozessbetrugs im Kirch-Verfahren. Das Geldhaus hat sich indes überzeugt gezeigt, dass sich der Verdacht als unbegründet erweist. Ob die Anklage zugelassen wird und es zum Prozess kommt, ist noch nicht entschieden.