Commerzbank will Kapitallücke aus eigener Kraft schließen
Stand: 19.01.2012
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Frankfurt - An diesem Freitag (20.01.) muss die teilverstaatlichte Commerzbank der Bafin erläutern, wie sie die riesige Kapitallücke von rund sechs Milliarden Euro zu schließen gedenkt. Die Bank wehrt sich weiterhin mit aller Kraft dagegen, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Hinweise verdichten sich, dass Deutschlands zweitgrößte Bank statt 5,3 Milliarden rund 6 Milliarden Euro Kapital benötigt.
Angeblich will die Commerzbank sich auch nicht weiter bemühen, ihre Problemtochter Eurohypo zu verkaufen, sondern den Immobilienfinanzierer stattdessen größtenteils abwickeln. Die Commerzbank selbst hüllte sich auch am Mittwoch weiterhin in Schweigen über die Details ihres Kapitalplans.
Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Mittwoch) will die Commerzbank einen kleinen Teil der Eurohypo eingliedern und den Rest abwickeln. Wie das "Handelsblatt" (Vorabbericht, Donnerstag) schreibt, haben die EU-Wettbewerbshüter ihr OK inzwischen signalisiert. Eine Entscheidung könne schon in Kürze fallen, womöglich bereits im kommenden Monat, zitiert die Zeitung mehrere mit den Gesprächen vertraute Personen. Eigentlich hatten die Wettbewerbshüter die Commerzbank dazu verdonnert, ihre Immobilien- und Staatsfinanzierungstochter Eurohypo bis Ende 2014 zu verkaufen. Das war die Strafe dafür, dass die Commerzbank vor drei Jahren mit 18,2 Milliarden Euro vom Steuerzahler gerettet werden musste.
Keine schmerzhaften Auflagen zu erwarten
Mittlerweile habe die Commerzbank mit Unterstützung der Bundesregierung die EU-Behörde davon überzeugt, dass ein Verkauf der Eurohypo unmöglich sei, so das "Handelsblatt". Gravierende, schmerzhafte Auflagen muss die Commerzbank nicht befürchten: die Kommission werde das Institut nicht dazu verpflichten, seine Online-Tochter Comdirect oder die polnische BRE Bank zu verkaufen.
Die Eurohypo ist für den größten Teil der 5,3 Milliarden Euro großen Kapitallücke verantwortlich, welche die europäische Bankenaufsicht EBA bei der Commerzbank festgestellt hatte. Die Lücke muss bis zum Sommer geschlossen werden, um ausreichend Puffer für Krisenzeiten nachweisen zu können.
Nach Informationen der "Welt" aus "gut informierten Kreisen" rechnet die Bank inzwischen gar mit rund sechs Milliarden Euro Kapitalbedarf. Grund: Die derzeit laufenden Verhandlungen um einen Schuldenschnitt für private Gläubiger Griechenlands. Dort zeichne sich ein weitaus höherer Abschlag als 50 Prozent ab, was für Banken weitere Abschreibungen bedeuten würde.
Blessing will nicht erneut den Staat um Hilfe bitten
Bis diesen Freitag muss die Commerzbank - wie andere betroffene Institute - der Finanzaufsicht Bafin erläutern, wie sie die Kapitallücke schließen will. Vorstandschef Martin Blessing hatte wiederholt betont: Er werde nicht erneut den Staat um Hilfe bitten.
Stattdessen sollen unter anderem Risiken abgebaut und Gewinne einbehalten werden. 700 Millionen Euro hat die Commerzbank bereits in der Bilanz durch den Rückkauf nachrangiger Anleihen.
Einem "Handelsblatt"-Bericht vom vergangenen Freitag zufolge sollen 2,7 Milliarden Euro aus dem Abbau von Risiken stammen. Eine weitere Milliarde solle vor allem durch einbehaltene Gewinne aufgebracht werden, zitierte die Zeitung Verhandlungskreise. "Der Kapitalplan enthält keine Kapitalerhöhung", hieß es in den Kreisen weiter. Diese Option wolle das Institut für den Fall in der Hinterhand behalten, dass die Finanzaufsicht Bafin die Pläne nicht für ausreichend hält und Nachforderungen stellt. Zudem soll die Allianz ihre Stille Einlage in hartes Eigenkapital umwandeln.
Mit "Plan A" zu mehr Kapital als gefordert
Die "FAZ" (Vorabbericht Donnerstag) schrieb nun allerdings unter Verweis auf informierte Kreise, dass es einen Plan A gebe, der ausschließlich Maßnahmen enthalte, das Kapitalloch in Höhe von 5,3 Milliarden Euro bis zur Jahresmitte aus eigener Kraft zu schließen.
Dieser Plan A werde sogar mehr Kapital freisetzen als gefordert, so heißt es laut "FAZ" von Personen, die das Konzept gesehen haben. Ein Plan B gebe es ebenfalls, wenn manche Maßnahmen aus Plan A nicht verwirklicht werden könnten. Erst dort käme die Allianz ins Spiel, mit der über eine Umwandlung der stillen Einlage von 0,75 Milliarden Euro in Kernkapital verhandelt werde. Diese Verhandlungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Bei der Commerzbank war keiner für einen darüber Kommentar erreichbar.
Sorgenkind Eurohypo
Wegen der schwierigen Lage bei dem Staats- und Immobilienfinanzierer Eurohypo droht der Konzernmutter zudem eine Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Die US-Ratingagentur Moody's stellte am Mittwoch die kurz- und mittelfristige Bewertung der Zahlungsfähigkeit der Commerzbank auf den Prüfstand.
Wegen der Eurohypo braucht der Dax-Konzern nach Einschätzung der Bonitätsprüfer möglicherweise weiterhin gelegentlich externe Unterstützung. Die spezielle Bewertung der Finanzkraft der deutschen Nummer zwei wurde von "C-" auf "D+" gesenkt, die der Eurohypo von "D-"auf "E+". Damit trauen die Moody's-Analysten der Tochter kein eigenständiges Überleben zu.