Commerzbank verkauft Kredite der Konkurrenz
Stand: 28.12.2011
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Frankfurt/Main - Die gebeutelte Commerzbank bricht mit Tabus und will künftig auch Kreditprodukte der Konkurrenz anbieten. Ein Pilotprojekt zur unabhängigen Vermittlung von Immobilienkrediten laufe in Hamburg, sagte Privatkundenvorstand Martin Zielke in einem Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX in Frankfurt. "Wir wollen unseren Kunden die besten Angebote auf dem Markt zur Verfügung stellen." Funktioniere das, solle das Angebot 2012 auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. "Das macht in dieser Form keine andere Filialbank."
Die HypoVereinsbank (HVB) wies darauf hin, dass sie ihren Kunden ebenfalls externe Angebote macht: "Die HypoVereinsbank bietet in den Filialen bereits seit mehr als drei Jahren nicht nur die hauseigenen, sondern auch die Immobilienfinanzierungen von mehr als 40 externen Kooperationspartnern an", erklärte ein HVB-Sprecher. "Dadurch können wir den Kunden in der Filialberatung immer die attraktivste verfügbare Kondition am Markt anbieten. Bislang machen wir mit diesem Service sehr gute Erfahrungen." Mit ihrem Angebot decke die HVB die wichtigsten Immobilienfinanzierer in Deutschland ab.
250 Kooperationspartner
Die Commerzbank arbeitet nach Angaben eines Sprechers im Sinne einer "offenen Architektur" mit rund 250 Anbietern zusammen. Nach Zielkes Angaben sind solche neuen Angebote auch eine Reaktion auf die tiefe Verunsicherung der Kunden. "Wir haben im Moment eine Vertrauenskrise", sagte Zielke, der seit gut einem Jahr den Privatkundenbereich der zweitgrößten deutschen Bank verantwortet. "Wir müssen vieles viel besser erklären."
Zielke räumte ein, dass die Turbulenzen an den Kapitalmärkten und die Schuldenkrise in der Eurozone die Geschäfte belasten: "Viele Kunden wissen im Moment nicht, wie sie ihr Geld anlegen können." Vor diesem Hintergrund steht auch das ursprünglich für 2012 anvisierte Ziel eines operativen Gewinns von einer Milliarde Euro im Privatkundensegment in den Sternen. "Grundsätzlich halte ich diese Marke für erreichbar", sagte Zielke. "Wann das sein wird, hängt natürlich stark von den Marktbedingungen ab."
"Die derzeitige Staatsbeteiligung ist kein Thema bei den Kunden"
In den ersten neuen Monaten des laufenden Jahres verdiente die Commerzbank in ihrem Privatkundengeschäft operativ 266 Millionen Euro. Im kommenden Jahr rechnet das teilverstaatlichte Institut in dem Segment unter anderem infolge der Dresdner-Bank-Integration mit Kosteneinsparungen von rund 300 Millionen Euro im Vergleich zu 2011.
"Solange sich das Kapitalmarktumfeld nicht nachhaltig verbessert, wird das Spuren im Geschäft hinterlassen", sagte Zielke. "Die derzeitige Staatsbeteiligung ist kein Thema bei den Kunden."
Tagesgeld und Festgeld spülen Geld in die Kasse
Einen positiven Beitrag lieferte Zielkes Sparte zuletzt für den Kampf gegen die Kapitallücken des Konzerns. Mit zwei Angeboten - Tagesgeld und Festgeld - seien in den vergangenen sechs Monaten mehr als drei Milliarden Euro an neuen Einlagen gewonnen worden. Der Manager betonte: "Wir machen keine Geschäfte, mit denen wir im Endeffekt kein Geld verdienen." Zielke versicherte, dass die Kunden der Bank in Deutschland nichts von den Sparanstrengungen des Konzerns zu spüren bekommen werden: "Die Kreditvergabe hierzulande wird nicht eingeschränkt." Das gelte erst recht für Immobilienkredite.
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