Commerzbank bleibt im Krisenmodus - Stellenabbau droht
Stand: 09.08.2012
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Frankfurt - Die Durststrecke der teilverstaatlichten Commerzbank geht weiter. Nach einem Gewinneinbruch bis zur Jahresmitte ist keine Besserung in Sicht - im Gegenteil: In den kommenden Monaten soll es angesichts der schwelenden Schuldenkrise in Europa und der schwächeren Wirtschaftslage in Deutschland weiter bergab gehen.
"Für das zweite Halbjahr erwarten wir keine Stabilisierung des Marktumfelds", sagte Finanzvorstand Stephan Engels. "Wir sehen daher derzeit auch keine Anzeichen dafür, dass sich der Druck auf das operative Ergebnis reduziert." Engels geht davon aus, dass der Gewinn in der zweiten Jahreshälfte unter dem der ersten liegen wird. Als Lösung bleibt der Bank vielleicht nichts anderes übrig als weitere Stellen zu streichen.
Zunehmend zum Sorgenkind entwickelt sich das Privatkundengeschäft. Vier Jahre nach der Übernahme der Dresdner Bank haben sich die großen Hoffnungen bislang nicht erfüllt. "Insgesamt ist das operative Ergebnis im Segment Privatkunden nicht zufriedenstellend", sagte Finanzvorstand Stephan Engels. Im ersten Halbjahr verdiente das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut im Filialgeschäft operativ nur noch 126 Millionen Euro, mehr als ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum.
Schwache Ertragskraft im Privatkundengeschäft
Als Reaktion deutete die Bank ein neues Sparprogramm an. "Wir werden die strategische Weiterentwicklung des Segments vorantreiben", erklärte der Finanzvorstand. Was das konkret heißt, ließ der Vorstand zunächst offen. In Medienberichten hatte es zuletzt geheißen, dass die Bank rund 2.000 Stellen streichen könnte. Die Bank kündigte nun lediglich an, Anfang November die Ergebnisse ihrer Strategieüberprüfung vorstellen zu wollen.
Analysten bemängeln seit langem die schwache Ertragskraft im Privatkundengeschäft. Der Commerzbank gelinge es nicht, ihre dank der vielen Filialen eigentlich große Vertriebskraft umzusetzen. Im ersten Halbjahr drückten die niedrigen Zinsen auf die Gewinne im Einlagengeschäft. Zudem hielten sich die Kunden angesichts der Turbulenzen an den Kapitalmärkten mit Wertpapiergeschäften zurück. Gesunkene Kosten konnten das nicht wettmachen.
Risikovorsorge könnte steigen
Als Stützen erwiesen sich im ersten Halbjahr hingegen erneut das Firmenkundengeschäft und die Aktivitäten in Polen. Das Investmentbanking musste allerdings deutlich Federn lassen. In den Abwicklungsbereichen konnte die Bank ihre Verluste reduzieren. Vor einem Jahr hatten erste Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen hier ein tiefes Loch gerissen. Operativ verdiente die Bank wie bereits in der Vorwoche angekündigt im ersten Halbjahr mit 1,04 Milliarden Euro knapp 15 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Unter dem Strich brach der Gewinn um mehr als ein Drittel auf 644 Millionen Euro ein.
Wegen der sich eintrübenden Konjunktur droht nun eine neue Gefahr: Kredite könnten wieder stärker ausfallen. "Unser Ziel für die Risikovorsorge von 1,7 Milliarden Euro ist erreichbar", sagte Finanzvorstand Engels. "Allerdings ist dieses Ziel angesichts der sich weiter verschlechternden Marktbedingungen zunehmend ambitioniert."
Verkauf in der Ukraine belastet
Belastet wurde das Ergebnis im zweiten Quartal vom Verkauf der defizitären ukrainischen Tochter Bank Forum. Der Verkaufspreis liegt unter dem bisherigen Buchwert, weshalb die Commerzbank nun 86 Millionen Euro abschreiben musste. Weitere 200 Millionen Euro Belastung sollen anfallen, wenn das Geschäft abgeschlossen ist.
Der Verkauf in der Ukraine ist ein Ergebnis der laufenden Überprüfung der Konzernstrategie. Commerzbank-Chef Martin Blessing stutzt sein Institut - nicht ganz freiwillig - immer weiter zurecht. Die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Bank hatte bereits Ende Juni angekündigt, das Geschäft ihrer Immobilien- und Staatsfinanzierungstochter Eurohypo ebenso abzuwickeln wie die Schiffsfinanzierung. Damit will die Commerzbank ihr Kapital schonen.
Kapital hat Priorität
Blessing hat der Stärkung des Kapitals absolute Priorität eingeräumt - auch auf Kosten des Gewinns. Die Commerzbank hatte auf Geheiß der europäischen Bankenaufsicht EBA bis Ende Juni eine Lücke von mehr als 5 Milliarden Euro zu füllen. Dieses Ziel übertraf das Institut um 2,8 Milliarden Euro. Damit sieht Blessing sein Institut für die schwierigen Marktbedingungen gewappnet. Die harte Kernkapitalquote stieg von 11,3 Prozent Ende März auf 12,2 Prozent Ende Juni. Auf Basis der 2013 geltenden strengeren Kapitalregeln (Basel III) erwartet die Commerzbank zum Jahreswechsel weiter eine Quote von mindestens 10 Prozent. Kernkapital gilt als Puffer für Risiken.