Bundespräsident fordert von Kanzlerin Klartext in der Krise
Stand: 09.07.2012
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Berlin - Bundespräsident Joachim Gauck hat Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert, den Bürgern die Politik zur Rettung des Euro besser zu erklären. "Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet", so Gauck im ZDF-Sommerinterview am gestrigen Sonntag. Die Verfassungsklagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsfonds ESM begrüßte Gauck.
Die Politik kommuniziere an einigen Stellen nur mäßig. "Manchmal ist es mühsam zu erklären, worum es geht. Und manchmal fehlt die Energie und die Entschlossenheit, der Bevölkerung sehr offen zu sagen, was eigentlich passiert", bemängelte der Bundespräsident.
Gauck äußerte zugleich größten Respekt vor der Kanzlerin: "Ich habe andere Aufgaben, und ich könnte nicht, was sie kann und was sie gerade leistet". Er sehe, dass in den Medien mit den Figuren Gauck und Merkel gespielt werde, aber ihr Verhältnis sei unbelastet: "Da ist nichts", stellte der Bundespräsident klar.
Bosbach verteidigt Merkel
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kommentierte die Äußerungen Gaucks zurückhaltend. "Mit der überwältigenden Mehrheit in unserer Bevölkerung teilen wir den hohen Respekt des Bundespräsidenten für die herausragende Leistung von Angela Merkel. Die Politik zur Stabilisierung unserer Währung immer wieder zu erklären, ist unsere gemeinsame Verantwortung", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe).
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, ein Kritiker des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM, verteidigte Merkel: "Seit Ausbruch der Krise hat die Bundeskanzlerin ihre Politik immer wieder erklärt und in einen historischen europapolitischen Kontext gestellt, weshalb ich die Kritik der mangelnden Erklärung oder des mangelnden Engagements nicht teilen kann", sagte er der Zeitung.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, unterstützte dagegen die mahnenden Worte des Bundespräsidenten. "Joachim Gauck hat Recht." Es sei Aufgabe der Politik zu begründen, warum die Euro-Rettung notwendig ist. "Politik zu erklären gehört aber gerade nicht zu den Stärken der Kanzlerin", sagte Oppermann zu "Spiegel online". Der Bundespräsident lege hier "den Finger in die Wunde".
Bundespräsident begrüßt Klagen gegen den ESM
Gauck sagte weiter, er sei "froh" über die Klagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM vor dem Bundesverfassungsgericht: "Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen." Er sei froh, "dass dieser Weg beschritten wird", sagte Gauck. Er wünsche sich eine breite gesellschaftliche Debatte.
Die Ergebnisse des Brüsseler EU-Gipfels vergangene Woche bewertete der Bundespräsident aus deutscher Sicht als nicht zu negativ: Bei Verhandlungen und Auseinandersetzungen setze sich selten eine Seite komplett durch. Finanzprobleme bräuchten Zugeständnisse. "Für mich war aber wichtig zu hören, dass nicht alle Felle davongeschwommen sind und dass auch nicht rote Linien überschritten sind", sagte Gauck.