Börse: Herabstufungen sorgen für erneute Unruhe
Stand: 16.01.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa-AFX
Frankfurt/Main - Der Entspannung, die sich in den ersten Wochen des Jahres an den Kapitalmärkten abgezeichnet hatte, wurde durch die Herabstufungen von neun Euro-Ländern durch die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) ein jähes Ende gesetzt. Für den Wochenauftakt rechneten Analysten mit weiteren Einbußen, die zunächst aber ausgeblieben sind.
S&P's Herabstufungen am Freitag bereitete der vergleichsweise guten Laune an den Märkten ein schnelles Ende. Die meisten Analysten konnten die Euphorie aber ohnehin nicht nachvollziehen, die Anleger reagieren gelassen.
Montag Vormittag liegt der DAX, der in der vergangenen Woche trotz der Verluste am Freitag Nachmittag noch um 1,4 Prozent nach oben kletterte, bei 6175 Punkten etwa ein halbes Prozent im Plus. Die asiatischen Börsen hatten dagegen deutlich nachgegeben, während die US-Börsen wegen eines Feiertags heute geschlossen bleiben.
Daumen runter bei Frankreich
Frankreich und Österreich verloren durch die S&P-Herabstufung die Bestnote AAA, schlechtere Ratings erhielten auch Italien, Spanien, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern. "Nun rückt in den Fokus, ob der vorläufige Rettungsschirm EFSF die Topbeurteilung halten kann, nachdem nur noch vier der Bürgen ein AAA-Rating aufweisen", erläutert die HSBC.
Zuvor waren die ersten Emissionen Spaniens und Italiens in diesem Jahr erfolgreich über die Bühne gegangen: Die Renditen gaben nochmals nach, die Nachfrage war zum Teil überraschend hoch. Griechenland bereitet hingegen weiter Sorgen: Die Verhandlungen zwischen den privaten Gläubigern und Athen stocken derzeit.
Bund-Future auf Rekordstand, Euro schwächelt
Unterdessen setzt sich die Flucht in Bundesanleihen fort: Der Euro-Bund-Future markierte am Freitag ein neues Rekordhoch bei 140,23 Punkten, aktuell notiert er leicht darunter. Und der Euro zeigt sich gegenüber dem US-Dollar so schwach wie seit Sommer 2010 nicht mehr, heute Morgen wird die Gemeinschaftswährung bei 1,2646 US-Dollar gehandelt.
Schlechte Unternehmensnachrichten befürchtet
Die DekaBank bleibt, was die kurzfristige Entwicklung auf dem Aktienmarkt angeht, eher skeptisch. "Vorsicht bleibt geboten, denn die Rezession in Euroland könnte noch manche schlechten Unternehmensnachrichten mit sich bringen", erklären die Analysten. Sofern jedoch der freiwillige Forderungsverzicht des privaten Sektors gegenüber Griechenland gelinge, gebe es Potenzial für positive Überraschungen. In drei und auch in zwölf Monaten sehen die Analysten den DAX bei 6.500 Punkten.
Keine Rallye zu erwarten
Laut Markus Reinwand von der Helaba ist trotz positiver Aussichten für das Gesamtjahr vorerst nicht mit einem Durchstarten an den Aktienmärkten zu rechnen. "Zwar ist mit der erfolgreichen Auktion spanischer und italienischer Staatspapiere ein erster Belastungstest des neuen Jahres überstanden. Weitere Emissionen werden aber folgen und könnten ähnlich wie der noch ausstehende freiwillige Forderungsverzicht gegenüber Griechenland für Störfeuer sorgen." Von der Quartalsberichtserstattung erwartet Reinwand keine großartigen Impulse: "Seit dem Ende der Berichterstattung über das dritte Quartal konnte der S&P 500 rund 7 Prozent zulegen. Damit sollten bereits relativ ordentliche Ergebnisse für das vierte Quartal 2011 vorweggenommen worden sein."
Fall unter 5.980 Punkte gefährlich
Nach Ansicht von Klaus Deppermann von der BHF-Bank steht die Seitwärtsphase der Aktienmärkte kurz vor ihrem Ende. "Die nächste dynamische Bewegung wird vermutlich nach unten gerichtet sein", erklärt der Charttechniker und verweist auf die Formation des aufsteigenden Dreiecks beim DAX, die häufig an oberen Trendwenden zu beobachten sei. Sollte das Aktienbarometer unter 5.980 Punkte fallen, würde das Eintreten des negativen Szenarios sogar noch wesentlich wahrscheinlicher. Über den Tag hinaus ist Deppermann aber durchaus positiv: "Für den Spätsommer erwarten wir eine erstklassige langfristige Kaufgelegenheit für Aktien."