Bei steigender Inflation wieder normale Geldpolitik?
Stand: 23.05.2017
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Bochum/Frankfurt - Nach Ansicht von Bundesbankpräsident Jens Weidmann steige mit dem Aufschwung in der Eurozone auch die Inflation wieder an. „Mit dem anhaltenden Wirtschaftsaufschwung und dem allmählichen Rückgang der Arbeitslosigkeit im Euroraum dürften auch die Löhne und damit der binnenwirtschaftliche Preisdruck wieder zunehmen", sagte Weidmann. „Sollte sich diese Entwicklung nachhaltig fortsetzen, rückt auch die geldpolitische Normalisierung näher.“
Trotz einer deutlichen konjunkturellen Belebung in der Eurozone hält die EZB weiter an ihrer extrem lockeren Geldpolitik fest, was immer mehr Kritiker auf den Plan ruft, vor allem in Deutschland. Auch wenn es zuletzt zu einem kräftigen Anstieg der Verbraucherpreise in der Eurozone gekommen ist, bezeichnete Weidmann den Preisdruck nach wie vor als "verhalten". Der jüngste Anstieg der Inflation sei vor allem auf die Entwicklung der Energiepreise zurückzuführen.
In den kommenden Monaten wird allgemein wieder ein Rückgang der Inflationsrate deutlich unter die Marke von 2,0 Prozent erwartet. Außerdem verwies Weidmann darauf, dass die Kernrate der Inflation, ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel, nur bei etwa einem Prozent liege. Erst mittelfristig sei damit zu rechnen, dass die Inflation im gemeinsamen Währungsraum sich wieder in den von der Notenbank angepeilten Zielbereich von knapp zwei Prozent bewegt, sagte Weidmann.
Weiterhin Kritik gegenüber der EZB-Geldpolitik
Erneut wiederholte der Bundesbank-Chef seine Kritik an den Anleihekäufen durch die EZB. Diese Maßnahme führe dazu, dass die Grenze zwischen der Geldpolitik und der Finanzpolitik verschwimme. „Den Finanzministern, insbesondere denen der hochverschuldeten Staaten, verschafft das derzeitige Niedrigzinsumfeld jedenfalls spürbare Entlastungen“, sagte Weidmann und er rechnete vor: „Verglichen mit dem Zinsniveau von 2007 haben die Euro-Länder zusammengenommen rund 1000 Milliarden Euro an Zinsen gespart.“
Nach Einschätzung von Weidmann bremsen die Anleihekäufe der EZB die Reformbemühungen der Regierungen im Währungsraum. Außerdem könnten hochverschuldete Euroländer versuchen, die Zinswende zu verzögern: „Man muss kein chronischer Schwarzseher sein, wenn man befürchtet, dass politischer Druck auf den EZB-Rat ausgeübt werden könnte, eine geldpolitische Normalisierung mit Rücksicht auf die Staatsfinanzen hinauszuzögern.“