Banker müssen mit niedrigeren Gehältern rechnen
Stand: 06.09.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Frankfurt/Main - Der deutschen Bankenbranche stehen Umbrüche ins Haus: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will dafür sorgen, dass Banker bei schweren Pflichtverletzungen einfacher vor Gericht gebracht werden können. Und Commerzbank-Chef Martin Blessing wettert gegen übertriebene Gehälter in der Branche.
Die Aussagen zeigen, dass die Aufarbeitung der Finanzkrise gerade erst in Fahrt kommt. Auf einer Tagung des "Handelsblatts" am Mittwoch in Frankfurt am Main zur Zukunft der Bankbranche hagelte es Ideen, die unangenehm und teuer für die Finanzwelt sein dürften.
Das Strafrecht müsse entsprechend angepasst werden, um schwere Pflichtverletzungen besser ahnden zu können, sagte Schäuble. Auch besonders gefährliches Verhalten allein müsse bestraft werden können. Er führte den Straßenverkehr als Beispiel an, wo es ebenfalls Strafen für eine abstrakte Gefährdung von anderen gebe, ohne dass es immer zu einem Unfall kommen müsse.
Eine europäische Aufsicht und die Haftung der Banken für ihre selbst verschuldeten Verluste sollten helfen, das Finanzsystem stabiler zu machen. "Kein Akteur, kein Produkt darf unbeaufsichtigt bleiben", sagte Schäuble. "Wer Chancen auf Gewinne hat, muss im Falle von Verlusten auch mit eigenen Mitteln haften."
Der Finanzminister trat dem Vorwurf entgegen, die Politik verschlafe die Gelegenheit, das Finanzsystem neu zu ordnen. "Wir sind dabei, Schritt für Schritt die notwendigen Konsequenzen zu ziehen", sagte Schäuble. Allerdings brauche dies seine Zeit, ein demokratisches System könne nie so schnell sein wie die Geschäfte an den Finanzmärkten.
Blessing kritisiert EZB
Blessing erklärte derweil, es sei sinnvoll, "das in Teilen übertrieben hohe Gehaltsniveau in der Finanzbranche dem in der Industrie wieder anzupassen". Er zitierte aus einer Studie, die einen Zusammenhang zwischen Deregulierung und der Höhe der Gehälter beschreibe. An dieser Stelle gelte es anzusetzen. Blessing musste selbst jahrelang eine Gehaltsdeckelung hinnehmen, weil die Commerzbank mit Steuergeld gestützt wurde.
Kritik äußerte Blessing am Krisenkurs der Europäischen Zentralbank (EZB), die den Kauf von Staatsanleihen angeschlagener Euroländer vorbereitet. Das Mandat der Notenbank gebe ein derartiges Eingreifen nicht her. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie durch einen Rechtsbruch langfristig Vertrauen und eine starke Währungsunion aufgebaut werden können", erklärte der Manager.
Um den Euro zu retten, führe kein Weg an einer weiteren europäischen Integration vorbei, sagte Blessing. Die einzige Alternative wäre seiner Ansicht nach ein Ende der Währungsunion.
"Wir brauchen eine einheitliche Bankenaufsicht in Europa", sagte Blessing, diese müsse klar definierte Durchgriffsrechte haben. Für alle Institute müssten die gleichen Regeln gelten, die konkrete Arbeit könnten aber nach wie vor die nationalen Institutionen übernehmen. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass wir jetzt Tausende Mitarbeiter von der Bafin in die EZB versetzen", erklärte er. Es dürfe keine Unterschiede bei der Regulierung geben, die einzelne Institute bevorzuge.
Von einer Trennung zwischen dem Investmentbanking und dem klassischen Bankgeschäft hält Blessing nichts. Eine solche Forderung sei "zum größten Teil Symbolpolitik". Die Befürworter einer solchen Regelung wollen verhindern, dass der Investmentbanking-Arm einer Bank die Einlagen der Kunden zum Spekulieren verwenden kann. Ein derartiges Trennbankensystem kann Blessing zufolge aber die großen Krisen nicht verhindern. Die Beispiele von Lehman Brothers, einer reinen Investmentbank, und der Hypo Real Estate, einer Kreditbank, belegten dies. Beide Banken gingen in der Finanzkrise unter.