Bankenpleite: EU will Steuerzahler schonen
Stand: 20.06.2013
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP
Brüssel - Wer zahlt in Zukunft für die Pleite einer Bank? Nicht mehr der Steuerzahler - oder zumindest nicht mehr an erster Stelle, lautet die Antwort der Europäischen Union. In der Finanzkrise genehmigte die EU-Kommission in den Jahren 2008 bis 2011 Staatshilfen in Höhe von 4,5 Billionen Euro für Finanzinstitute, damit soll nun Schluss sein. Die europäischen Finanzminister kommen am Donnerstag und Freitag in Luxemburg zusammen, um gemeinsame Regeln für die Rekapitalisierung von europäischen Banken zu beschließen. Zwar sind sich die EU-Länder über das Ziel einig, doch ihnen stehen zähe Beratungen bevor.
Den Auftakt machen die Euro-Finanzminister am Donnerstagabend: Sie wollen sich im Grundsatz darauf einigen, unter welchen Umständen der eigentlich für die Unterstützung von klammen Staaten gedachte Euro-Rettungsfonds ESM in Zukunft auch angeschlagene Banken direkt mit Finanzspritzen versorgen kann, nachdem die europäische Bankenaufsicht erwartungsgemäß im Herbst 2014 ihre Arbeit aufgenommen hat. Sie setzen damit einen Beschluss um, den sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Jahr bei einem EU-Gipfeltreffen während einer heißen Sommernacht von Südländern wie Spanien und Italien abringen ließ.
"Ich erwarte, dass sich die Eurogruppe auf die Prinzipien und Regeln für das ESM-Instrument der direkten Rekapitalisierung einigt", macht EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn seine Forderungen deutlich. Doch die Minister müssen noch einige wichtige Fragen klären, wie ein Eurozonen-Vertreter sagt. Welche Summe der ESM-Gelder sollen für die Bankenhilfe bereitstehen? In der Diskussion sind 50 bis 70 Milliarden Euro der insgesamt verfügbaren 500 Milliarden. Welchen Anteil muss der Heimatstaat einer Pleitebank übernehmen? Zwischen zehn und 20 Prozent, erwartet der Eurozonen-Vertreter.
Die schwierigste Frage ist, ob auch Altfälle aus der Zeit vor Arbeitsbeginn der europäischen Bankenaufsicht mit ESM-Geld versorgt werden können - darauf hoffen Länder wie Griechenland, Zypern oder Irland, die auch aufgrund der Probleme ihrer Geldhäuser beim Euro-Rettungsfonds um Hilfe bitten mussten. Hier scheut sich der Eurozonen-Vertreter, bereits eine Prognose abzugeben: Wahrscheinlich sei, dass darüber "von Fall zu Fall" verhandelt wird.
Da Hilfen aus dem ESM für Banken aber doch wieder Steuergelder wären, machen die Euro-Länder den endgültigen Beschluss der Regeln zur direkten Bankenhilfe davon abhängig, dass auch die EU-Richtlinie zur Bankenabwicklung beschlossen und mit dem Europaparlament ausgehandelt ist. Diese Neuerung ist ein wichtiger Baustein für das Mammutvorhaben europäische Bankenunion und soll festlegen, dass zunächst auch Anteilseigner, Gläubiger und wohlhabende Bankkunden mit Ersparnissen von mehr als 100.000 Euro zur Kasse gebeten werden, damit ESM und Steuerzahler verschont werden.
Eine Einigung auf entsprechende Regeln wollen die Finanzminister aller 27 EU-Staaten am Freitag erreichen - doch die Liste der offenen Punkte ist noch lang. Frankreich und Großbritannien fordern etwa nationalen Spielraum bei der Frage, in welchem Umfang Gläubiger und Anleger bei einer Bankenpleite bluten müssen. Deutschland besteht hingegen auf möglichst strikten Regeln für das im EU-Jargon "Bail-in" genannte Verfahren.
Im Umkehrschluss hängt davon ab, welche verfügbaren Rücklagen Banken für eine Pleite haben müssen - und wie groß die nationalen Sicherungsfonds sein sollen, die mit Beiträgen der Finanzinstitute aufgebaut werden. "Je mehr Ausnahmen es beim Bail-in gibt, desto größer müssen die Rücklagen der Banken und die Sicherungsfonds sein", beschreibt ein EU-Vertreter die Schwierigkeiten der Verhandlungen. "Den Ministern wurde gesagt, dass sie sich für Freitagabend nichts vornehmen - und sich auch darauf vorbereiten sollen, noch die ganze Nacht zu bleiben."