Bafin-Beschwerderegister: Banker-Pranger oder Verbraucherschutz?
Stand: 02.05.2013
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Frankfurt/Bonn - Seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 steht die Finanzbranche am Pranger. Beratungsprotokolle, Beipackzettel und Beraterregister sollen das erschütterte Vertrauen der Kunden zurückgewinnen. Doch der richtige Weg zu einem besseren Verbraucherschutz bleibt umstritten.
Befürworter versprechen sich mehr Anlegerschutz, Kritiker warnen vor einer pauschalen Verteufelung einer ganzen Branche. Seit dem 1. November sammelt die Finanzaufsicht Bafin systematisch die Daten von Anlageberatern in Deutschland. In dem neuen "Mitarbeiter- und Beschwerderegister" wird seit einem halben Jahr auch registriert, wenn Bankkunden sich falsch beraten fühlen. Häufen sich die Beschwerden, kann die Aufsicht Sanktionen bis hin zum Berufsverbot verhängen - doch das blieb bisher Theorie.
Bisher 5000 Beschwerden eingegangen
Bis zum Ende des ersten Quartals 2013 gingen nach Angaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Daten von 176.000 Anlageberatern, 27.500 Vertriebsbeauftragten und 2500 Compliance-Beauftragten ein. Bei der Konzeption des Registers war die Branche von insgesamt etwa 300.000 Meldepflichtigen ausgegangen.
Seit November seien über das neue Instrument etwa 5000 Beschwerden erfasst worden, erläutert eine Sprecherin der Bonner Behörde. Dabei gehe es ausschließlich um Fälle, in denen sich Kunden bei ihrer Bank über eine Anlageberatung beklagten, was das Institut dann der Bafin anzeigen müsse: "Typischerweise beinhalten die Beschwerden Sachverhalte, die der Kunde als "Falschberatung" einstuft: mangelhafte Risikoaufklärung, irreführende Produktdarstellung." In einigen Fällen rückten die Aufseher zu Gesprächen mit dem Vertriebspersonal aus. Details nennt die Bafin nicht.
"Das Ding ist eine Blackbox"
Verbraucherschützerin Dorothea Mohn wünscht sich mehr Transparenz - zumindest auf Ebene der einzelnen Institute. "Grundsätzlich unterstützen wir das Register, aber das Ding ist eine Blackbox", sagt die Geldanlageexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Ein solches Instrument könne "ganz grundsätzlich präventive Wirkung entfalten für mehr Sorgfalt" in der Finanzbranche: "Natürlich erzeugt das in jeder Bank, an jedem Arbeitsplatz gewissen Druck dafür zu sorgen, dass es keine Beschwerden von Kunden gibt", sagt Mohn.
Beim Stichwort "Druck" auf Vertriebsmitarbeiter reagiert die Gewerkschaft Verdi naturgemäß empfindlich. Bereits als der Gesetzgeber das Beraterregister als Reaktion auf Auswüchse der Finanzkrise auf den Weg brachte, kündigte Verdi Widerstand gegen die aus Sicht der Gewerkschaft "verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung" an. "Wir haben einzelne Berater gefunden, mit denen wir den Weg über das Verwaltungsgericht gehen wollen", sagt Verdi-Sekretär Mark Roach nun.
Vertriebsdruck ist groß
"Natürlich mag es auch einzelne schwarze Schafe unter den Beratern geben", räumt Roach ein. "Ich bin aber überzeugt, dass man die anders herausfindet als durch eine Gesetzgebung, die Bankberater unter Generalverdacht stellt." Der Verdi-Mann mahnt: "Was Berater brauchen ist Schutz vor dem Vertriebsdruck der Banken."
Bafin-Präsidentin Elke König indes sagt: "Der Schutz des Verbrauchers war und ist für die Bafin ein wichtiges Thema. Das Mitarbeiter- und Beschwerderegister ist eine sinnvolle Ergänzung unseres aufsichtlichen Instrumentariums: Die Beschwerdeanzeigen geben uns einen noch tieferen Einblick in die Beziehungen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihren Kunden und damit auch Hinweise auf etwaige Probleme im Vertrieb beziehungsweise bei einzelnen Beratern."
Vertrauen zurückgewinnen
Neu sei auch, dass das Gesetz nun auch festlege, "wer fachlich und persönlich als Anlageberater geeignet ist", erklärt König. "Beide Neuregelungen - Anzeigepflicht und Mitarbeiterqualifikation - werden helfen, Kunden besser vor Falschberatung zu schützen."
Inzwischen hat sich auch bei Banken und Finanzdienstleistern herumgesprochen, dass die Branche nach den Wirren der vergangenen Jahre beim Kunden einiges wieder gutmachen muss. "Viele vertrauen ihren Facebook-Freunden eher als dem Bankberater - das spiegelt auch den Vertrauensverlust in die Finanzbranche wider", sagt Ulrich Hoyer, Partner der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung zeb. Banken müssten "extreme Klimmzüge machen, um ihre Marktposition in einem schrumpfenden Markt zu verteidigen".