Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns
Stand: 10.03.2014
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Duisburg / Essen - Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland erhielt im Jahr 2012 weniger als die bundeseinheitliche Niedriglohnschwelle von 9,30 Euro pro Stunde, nach der man als Geringverdiener gilt. Das zeigt der aktuelle Niedriglohn- Report des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Angesichts der für Anfang 2015 geplanten Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro haben die IAQ-Forscher Dr. Thorsten Kalina und Dr. Claudia Weinkopf auch untersucht, wie viele der insgesamt 8,4 Millionen Niedriglohnbeschäftigten dann Anspruch auf eine Lohnerhöhung hätten. Profitieren würden demnach gut 6,6 Millionen Beschäftigte, die im Jahr 2012 für Stundenlöhne unter dieser Grenze arbeiteten. Dies sind mehr als 19 Prozent aller Beschäftigten. Auffallend sind die starken Unterschiede beim Anteil von Beschäftigten mit Stundenlöhnen unter 8,50 Euro nach Bundesländern: Diese liegen für den Zeitraum von 2009 bis 2012 zwischen 11,6 Prozent in Hamburg und 34,9 Prozent in Thüringen.
Bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Mindestlohns noch offene Punkte
In die Berechnungen auf der Grundlage des sozioökonomischen Panels (SOEP) haben die IAQ-Forscher auch Nebentätigkeiten von Schülern, Studierenden und Rentenbeziehenden einbezogen, da diese Gruppen nicht vom Mindestlohn ausgeschlossen werden sollten. Bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Mindestlohns sind nach Einschätzung des IAQ noch weitere wichtige Punkte offen: „Beispielsweise müssen die tatsächlichen Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden erfasst werden, damit der Mindestlohn nicht durch unbezahlte Mehrarbeit umgangen wird“, so Dr. Claudia Weinkopf. Der Gesetzgeber muss außerdem entscheiden, ob und wie Zulagen und Sonderzahlungen, z.B. das Weihnachtgeld, auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen.
Überwachung und Ahndung von Verstößen gefordert
„Ausnahmeregelungen sollten eng begrenzt bleiben, weil sonst eine Konkurrenz zwischen Beschäftigtengruppen mit und ohne Mindestlohnanspruch entfacht wird“, rät Dr. Thorsten Kalina. Zudem würden Ausnahmen die Durchsetzung und Kontrolle des Mindestlohns deutlich erschweren. Die Kapazitäten des Zolls bzw. der Finanzkontrolle Schwarzarbeit müssten deshalb erheblich ausgeweitet werden, um die Einhaltung der Lohnuntergrenze zu überwachen und Verstöße wirksam zu ahnden.
Lohnentwicklung in Ostdeutschland
Seit 1995 ist der Anteil der Beschäftigten mit Löhnen unter 8,50 Euro bundesweit von 24,9 Prozent auf 19,2 Prozent im Jahr 2012 nur leicht gesunken. Überraschend ist hierbei, dass zum Rückgang vor allem die Lohnentwicklung in Ostdeutschland beigetragen hat: Verdiente dort Mitte der 1990er Jahre noch mehr als jeder Zweite weniger als 8,50 Euro pro Stunde, waren es im Jahr 2012 nur noch 29,3 Prozent der Beschäftigten. In Westdeutschland stagniert der Anteil der Stundenlöhne unter 8,50 Euro hingegen, was für eine Verfestigung geringer Verdienste spricht.
„Setzt sich der Trend in Ostdeutschland fort, hätten im Jahr 2017, wenn der Mindestlohn von 8,50 Euro ohne tarifliche Ausnahmen in der gesamten Wirtschaft gilt, nur noch etwa ein Viertel der ostdeutschen Beschäftigten Anspruch auf eine Lohnerhöhung“, so die IAQ-Forscher. „Dies legt nahe, dass auch der ostdeutsche Arbeitsmarkt die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns besser verkraften könnte, als oftmals angenommen wird.“