Anleger sollten nach ESM-Entscheidung Altersvorsorge überdenken
Stand: 17.09.2012
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Frankfurt - Nach der Entscheidung der Bundesverfassungsrichter in Karlsruhe zum Euro-Rettungsschirm ESM sollten Anleger sich verstärkt um ihre Altersvorsorge kümmern. Hannes Zipfel, Chefökonom und Vorstand des Vermögensverwalters VSP, sagte im Gespräch mit der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX: "Wenn zur Finanzierung der Staatshaushalte die Notenpresse angeworfen wird, helfen Sachwerte, das Vermögen der Sparer zu schützen." Fragen und Antworten:
Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Euro-Rettungsfonds ESM für die Anleger?
Zipfel: "Die Finanzmärkte haben von dem Bundesverfassungsgericht das bekommen, was sie erwartet haben. Durch die enge Verzahnung von Euro-Rettungsschirm ESM und Europäischer Zentralbank gibt es nun einen unbeschränkten Mechanismus zur Rettung angeschlagener Euro-Staaten. Die positive Marktreaktion auf den Beschluss des Gerichts zeigt, dass die Krise der Staatsfinanzen nun ad acta gelegt ist."
Welche Auswirkungen hat das Gerichtsurteil auf die private Altersvorsorge?
Zipfel: "Das grüne Licht für den ESM bedeutet eine Zeitenwende für die Altersvorsorge. Mit der Einführung dieses Euro-Rettungsschirms rücken Aspekte wie die disziplinierte Steuer- und Ausgabenpolitik der Staaten oder die Währungsstabilität mittelfristig in den Hintergrund. Die Geschichte kennt viele Beispiele dafür, dass bei einer Finanzierung der Staatshaushalte über die Notenpresse die Inflation zunimmt. Wenn aber die Geldwertstabilität nicht mehr die höchste Priorität genießt, können klassische, auf nominelle Zinszahlungen setzende Altersvorsorge-Produkte wie etwa Kapitallebensversicherungen leicht ins Hintertreffen geraten."
Welche Rolle spielen im Gegenzug Sachwerte bei der Altersvorsorge?
Zipfel: "Sachwerte sind ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge, da sie einen Wert besitzen und nicht beliebig vermehrbar sind. Deshalb helfen sie, das Vermögen der Sparer zu schützen. Mit Aktien etwa können sich die Anleger an dem Produktivkapital eines Unternehmens beteiligen, also zum Beispiel an den Maschinen oder dem Fuhrpark eines Unternehmens. Andere Beispiele für Sachwerte sind Immobilien, Rohstoffe oder Spezialitäten wie etwa Uhren oder Schmuck."
Ein eigenes Haus kann sich aber nicht jeder leisten.
Zipfel: "Für die Altersvorsorge kommen verschiedene Formen von Immobilienanlagen in Frage. Ideal ist der Erwerb einer selbst genutzten Immobilie, der aber stark von dem eigenen Budget abhängt. Riskanter ist schon die Vermietung von Wohnraum.
Risiken bergen ebenfalls Immobilienfonds, und zwar sowohl geschlossene als auch offene. Letztere gerieten in die Krise, weil viele Anbieter illiquide Bestände in ihren Positionen hielten, die sie im Zuge der Finanzkrise nicht veräußern konnten. In der Folge mussten viele Produkte abgewickelt werden. Bei geschlossenen Fonds gilt, dass der Anleger als Gesellschafter unternehmerische Risiken eingeht.
Wir bevorzugen Immobilienaktien - so genannte REITs - als Baustein für die Altersvorsorge. Die Anleger können hier schon mit kleinem Geld in Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen investieren und somit in deren Immobilienbestände. Außerdem schütten REITs per Gesetz 90 Prozent ihrer Erträge regelmäßig an die Anleger aus. Auf diesem Wege ist eine Streuung über Regionen, Immobilienarten und Währungen möglich. Die Papiere sind zudem liquide, da sie schnell über die Börse verkauft werden können."
Welche Rohstoffe bieten sich denn für die Altersvorsorge an?
Zipfel: "Wir finden Gold und Silber interessant. Hintergrund ist auch hier die Politik der Notenbanken der westlichen Länder, ihre Staatsfinanzen über die Notenpresse zu finanzieren. Deshalb wollen die Notenbanken vieler Länder mit Exportüberschüssen wie etwa China, Russland oder Kasachstan ihre Währungsreserven diversifizieren und fragen Gold als Alternative zum Euro oder zum US-Dollar nach. Und wenn der Goldkurs steigt, legt der Silberpreis oft überproportional zu. Allerdings gilt auch das Gegenteil: Fällt das Gold, bricht der Silberkurs meist noch deutlicher weg.