Angst vor Deflation: EZB sucht nach Auswegen
Stand: 05.12.2014
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Frankfurt/Main - Im Euro-Raum wächst die Angst vor einer Deflation. Die Hüter des Euro suchen daher nach Möglichkeiten, um Inflation und Wirtschaftswachstum in Schwung zu bringen. Die Suche solle "rasch" Ergebnisse zeitigen, so EZB-Präsident Draghi.
Die Vorbereitungen für zusätzliche Eingriffe seien weit fortgeschritten, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Notfalls könne die Notenbank rasch handeln. "Rasch heißt rasch, aber nicht unbedingt bei der nächsten Sitzung", erklärte Draghi. Der früheste Termin wäre der 22. Januar.
Der EZB-Rat will Anfang 2015 zunächst beurteilen, inwiefern die bereits sehr lockere Geldpolitik zur Verbesserung der Situation geführt hat. Außerdem sei wichtig, wie sich der für die Inflation wichtige Ölpreis bis dahin entwickelt habe, sagte Draghi. Den Leitzins im Euroraum hält die Europäische Zentralbank (EZB) auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent.
Draghi sieht Anleihenkäufe als Option
Als weitere Maßnahmen nannte Draghi ausdrücklich verschiedene Möglichkeiten von Anleihenkäufen auf breiter Front ("Quantitative Easing", QE) - auch den Erwerb von Staatsanleihen. Vor allem Staatsanleihenkäufe sind umstritten. Kritiker meinen, die Notenbank würde so Staatsschulden mit der Notenpresse finanzieren, was sie nicht darf. Draghi betonte: "Das ist ein wichtiges Instrument. Wir haben einen Auftrag und wir werden langfristige Abweichungen von unserem Ziel der Preisstabilität nicht tolerieren."
Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate knapp unter 2,0 Prozent an. Im November lag die jährliche Teuerungsrate im Euroraum nach erster Schätzung der Statistikbehörde Eurostat nur noch bei 0,3 Prozent. Der Trend wird sich nach neuesten EZB-Prognose nur langsam umkehren: Die Notenbank erwartet für 2014 eine Inflation von 0,5 (September-Prognose: 0,6) Prozent. Für 2015 rechnet sie mit 0,7 (1,1) Prozent, für 2016 mit 1,3 (1,4) Prozent.
Geldpolitik soll sich an Ölpreis orientieren
Eine der wichtigsten Orientierungsgrößen für die weitere Ausrichtung der Geldpolitik ist nach Draghis Angaben der Ölpreis: "Wir verfolgen die Auswirkungen der jüngsten Ölpreisentwicklung besonders aufmerksam." Er warnte, die bereits schwache Inflation könnte weiter zurückgehen, sollte sich der Preisverfall am Rohölmarkt fortsetzen.
Seit dem Sommer sind die Ölpreise um 40 Prozent eingebrochen - unter anderem wegen eines hohen Angebots und verhaltener Nachfrage. Nachdem die Euro-Wirtschaft auch im dritten Quartal nur leicht um 0,2 Prozent gewachsen ist, steigt zudem der Konjunkturpessimismus im Frankfurter EZB-Neubau. Die Notenbank erwartet für 2014 nun noch 0,8 (0,9) Prozent Wachstum. 2015 dürfte die Wirtschaft mit 1,0 (1,6) Prozent und 2016 mit 1,5 (1,9) Prozent wieder etwas stärker anziehen.
Angst vor Deflation wächst
Die Mini-Inflation lässt die Furcht vor dem Abrutschen in eine Deflation wachsen - also einer Abwärtsspirale der Preise, welche die lahmende Konjunktur weiter bremsen könnte. Befürworter argumentieren, der Erwerb von Unternehmens- und Staatsanleihen durch die Notenbank könnte die Wirtschaft ankurbeln und zugleich die Inflation wieder in Richtung des EZB-Zieles befördern.
Ökonomen halten Anleihenkäufe für beschlossen - auch wenn darüber im EZB-Rat keineswegs Einstimmigkeit herrscht. Kritik kam zuletzt immer wieder von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Es sei keine Frage mehr, ob die EZB weitere Maßnahmen beschließen werde, kommentierte Jan Holthusen von der DZ Bank: "Sondern nur noch, wann das sein wird und um welche es sich handeln wird."