Studie: Strategische Erdgasreserve nicht notwendig
Stand: 24.06.2015
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Berlin - Eine strategische Erdgasreserve ist laut einer im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellten Analys nicht notwendig, solange die frei am Markt verfügbaren Speicher gut gefüllt sind. Die Versorgungssicherheit sei "sehr hoch", und nur beim Zusammentreffen mehrerer extremer Risikofaktoren stoße das derzeitige System definitiv an Grenzen, heißt es in der am Dienstag in Berlin veröffentlichen Studie einer Wirtschaftskanzlei.
Demnach würde die Versorgungslage in Deutschland bei normalem Speicherfüllstand nur bei einem anhaltenden Komplettausfall der Gasimporte aus einem zentralen Lieferland während eines extremen und langen Winters "kritisch" werden, weil die Kapazitäten dann nach einer gewissen Zeit nicht mehr ausreichen könnten. In einem normalen Winter könnte die Unterbrechung der Gasimporte in diesem Fall dagegen noch problemlos kompensiert werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium wertete die Analyse der Experten als eine Bestätigung seiner eigenen Lageeinschätzung. "Die Gasspeicherstudie unterstützt die Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums, dass unsere Erdgasversorgung heute bereits sehr sicher ist", erklärte Staatssekretär Rainer Baake. Sie zeige aber auch Maßnahmen auf, durch welche die Versorgungssicherheit gestärkt werden könne. Diese würden nun mit den Bundesländern und den betroffenen Marktakteuren diskutiert, kündigte er an.
Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und des Konflikts mit Russland hatte die Bundesregierung die Untersuchung im November in Auftrag gegeben. Russland ist der wichtigste Erdgaslieferant für Deutschland, die Entwicklungen in Osteuropa schüren daher die Sorge vor Lieferstörungen. Die Analyse soll zur Klärung der Frage beitragen, ob eine staatlich kontrollierte Erdgasbevorratung sinnvoll wäre. Eine solche nationale Krisenreserve gibt es bislang nur für Öl und wichtige Ölprodukte wie Benzin oder Kerosin.
Zu diesem Zweck simulierten die Experten die Lage bei einem Komplettausfall der Gaslieferungen aus Russland aufgrund eines "politischen Konflikts" im Zusammenspiel mit weiteren Annahmen und Szenarien. Parallel errechneten sie auch die finanziellen und sonstigen Kosten für den Aufbau der Notfallreserve, etwa durch höhere Preise.
Der Analyse zufolge reicht das aktuelle deutsche System abgesehen vom schlimmsten Szenario generell aus, sofern die kommerziellen Speicher gut genug gefüllt seien und eventuell ergänzende kleinere Verbesserungen eingeführt würden. Dazu gehört etwa die Sicherung von Lieferoptionen für Flüssiggas oder die Pflicht von Netzbetreibern zur Vorabmodellierung von Krisenszenarien.
Gebe es trotzdem dem Wunsch nach mehr Sicherheit bei der Versorgung, sei eine "klein dimensionierte, strategische Reserve" zu bevorzugen, erklärten die Verfasser. Damit könne sich der Staat gegen zu geringe Füllstände in den Speichern der Netzbetreiber und Importeure oder gegen kürzere extreme Kältephasen zusätzlich absichern. Die Kosten für die Reserve lägen bei rund 380 Millionen Euro im Jahr.