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Ostdeutscher Gashändler will mit Bohrungen in Norwegen wachsen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Stavanger (dpa) - Es ist nicht ohne Risiko, es kostet viel Geld, aber es soll unabhängiger machen von russischen Erdgaslieferungen: Der größte ostdeutsche Erdgas-Importeur, die Verbundnetz Gas AG (VNG) mit Sitz in Leipzig, will vom reinen Händler auch zum Produzenten werden. Der Anfang in dem schwierigen Geschäft, das im Erfolgsfall äußerst lukrativ werden könnte, ist gemacht. "Vielleicht ein wenig spät, aber nicht zu spät", sagt Vorstandsvorsitzender Klaus-Ewald Holst und klingt dabei auch ein bisschen so, als wolle er sich selbst Mut machen.

Seit diesem Sommer nimmt das Projekt konkrete Formen an. Im Juni hat die im vergangenen Jahr eigens für das Projekt gegründete Tochter VNG Norge AS mit Sitz im norwegischen Stavanger die ersten beiden Lizenzen erworben. Sie berechtigen zur Erkundung und Förderung von Erdgas in der Nordsee vor Norwegen. Zwei weitere sollen in den nächsten Wochen folgen, zusätzliche später.

Doch bis tatsächlich Gas nach Deutschland fließt, braucht die VNG einen langen Atem. Kåre A. Tjønneland, Geschäftsführer der VNG Norge AS, rechnet damit, dass 2008/2009 mit den ersten Bohrungen begonnen werden kann. Das erste Gas soll dann etwa 2015/2016 die VNG- Kunden zwischen Rostock und Suhl erreichen. Tjønneland, mit 59 Jahren ein "alter Hase" im norwegischen Gasgeschäft, war zuletzt 24 Jahre beim französischen Energiekonzern Total, mit dem die VNG im Lizenzgeschäft zusammenarbeitet.

Tjønneland glaubt, dass das Gebiet 200 Kilometer nordwestlich von Trondheim in der Norwegischen See, für das die VNG zusammen mit Total und einem weiteren Bieter Lizenzen erworben hat, günstig ist. Als Vorteil gilt auf alle Fälle, dass es dort bereits zahlreiche Pipelines und Bohrinseln gibt. Das minimiert Ausgaben für die nötige Infrastruktur und könnte darauf hindeuten, dass es in dem Gebiet auch wirklich Gas gibt. "Aber es ist nicht sicher, dass auch Gas gefunden wird", weist Holst auf das Risiko hin. Eine Bohrung könne 60 bis 70 Millionen Euro kosten. "Da müssen Sie genau überlegen".

Untersuchungen des Meeresgrundes stehen deshalb zunächst auch im Vordergrund. Dazu werden weitere Mitarbeiter für die norwegische VNG- Tochter gesucht. Experten zu finden, ist aber nicht so leicht in dem 118 000-Einwohner-Ort Stavanger. Nach dem Niedergang der Herings- und Sardinen-Fischerei in den 60er Jahren mit einer Arbeitslosenrate von 30 Prozent erlebt die Region seit dem ersten Erdölfund vor der norwegischen Küste zu Weihnachten 1969 einen Boom. Inzwischen liegt die Arbeitslosenquote bei einer für deutsche Verhältnisse traumhaften Quote von einem Prozent. Im Moment arbeiten sechs Leute für die Norge AS, 15 sollen es noch werden.

Mit dem neuen Engagement in Norwegen, das seit 1996 Lieferant für die VNG ist, will sich das Unternehmen auch etwas unabhängiger vom Hauptlieferanten Russland machen. Dort wäre ein Engagement auch in der Förderung unvorstellbar, beschreibt Holst die Gepflogenheiten des russischen Erdgasmarktes, der fest in der Hand des Staatsmonopolisten Gazprom ist.

Derzeit bezieht die VNG, die nach eigenen Angaben 15 bis 16 Prozent am Gasverkauf in Deutschland hat, 44 Prozent der benötigten Mengen aus Russland sowie jeweils 28 Prozent aus Norwegen und Deutschland. "Ziel ist, dass 10 Prozent der jährlichen Liefermenge (2006: rund 165 Mrd. Kilowattstunden) aus eigener Produktion kommen", sagt Holst. Andere deutsche Unternehmen aus der Branche wie E.ON-Ruhrgas, Wintershall und Bayerngas engagieren sich ebenfalls in Norwegen in der Förderung.

"Wir hoffen, in zehn Jahren sagen zu können, ja, das war richtig", sagt Holst. Bis dahin seien "dreistellige Millionenbeträge" fällig. Bei Erfolg winken dafür gute Renditen von 12 bis 20 Prozent, sagt Holst. "Wir wollen wachsen und Gewinne machen."