Oettinger sorgt sich um Gasversorgung im kommenden Winter
Stand: 23.06.2014
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Brüssel/Düsseldorf - EU-Energiekommissar Günther Oettinger sorgt sich angesichts des ungelösten Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland um die Versorgung Europas im kommenden Winter. "Ich werde in Kürze mit beiden Seiten ausloten, ob wir die Verhandlungen wieder aufnehmen", sagte Oettinger der "Wirtschaftswoche". Es liege im Interesse aller beteiligten Parteien, also Russlands, der Ukraine und der EU, zumindest eine Interims-Lösung zu finden, damit die Gaslieferungen im kommenden Winter gesichert seien.
Russland hatte vor gut einer Woche die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt, weil diese ihre Rechnungen nicht bezahlt hat. Zuvor hatte Oettinger vergeblich versucht, einen Kompromiss zwischen Moskau und Kiew zu vermitteln. Die Ukraine hat zwar zugesichert, der Transit von russischem Gas nach Europa werde ungestört erfolgen. Oettinger schloss allerdings nicht aus, dass Pipelines in der Ostukraine durch Separatisten angezapft werden könnten. Am vergangenen Dienstag wurde eine Pipeline für den Gasexport in die EU bei einer Explosion schwer beschädigt, Kiew sprach von einem terroristischen Akt.
Oettinger sagte der "Wirtschaftswoche", es sei klar, dass in dem Konflikt politische Interessen eine entscheidende Rolle spielten. "Wenn im aktuellen Streit beide Seiten einer rein wirtschaftlichen Logik folgten, dann wäre längst ein Kompromiss gefunden worden", betonte Oettinger.
Oettinger mahnt zur Vorsorge
Trotz der unsicheren Lage sehen Experten bei der Versorgung der EU derzeit keine Probleme. Auch in Deutschland ist die Gasversorgung nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums aktuell nicht gefährdet. Die 51 deutschen Gasspeicher sind zu fast 75 Prozent gefüllt. Das dürfte nach Einschätzung von Experten für mehrere Monate reichen. Deutschland deckt mehr als ein Drittel seines Gasbedarfs mit russischen Lieferungen. Die Hälfte der russischen Gasexporte nach Europa wird über die Ukraine abgewickelt.
Der deutsche EU-Kommissar mahnte, Europa müsse Vorsorge treffen, um seine Gasversorgung sicherzustellen und sich um weitere Lieferanten kümmern. "Wir müssen sicherstellen, dass die Gasspeicher ausreichend gefüllt werden. Und wir müssen eruieren, ob andere Gaslieferanten mehr liefern könnten als bisher", sagte Oettinger. Man müsse auch prüfen, wo zum Heizen oder zur Stromproduktion Gas durch Kohle oder Biomasse ersetzt werden könne.
Der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall hatte in der vergangenen Woche betont, er sehe bei der Vermittlung im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine auch EU-Politiker in der Pflicht, um eine mögliche Versorgungskrise in Europa abzuwenden. Wichtige russisch-europäische Energieprojekte hätten derzeit Probleme, sagte Vorstandschef Rainer Seele. Die Politik müsse überzeugt werden, dass Vorhaben wie die Pipeline South Stream unter Umgehung der Ukraine ein Beitrag zur Energiesicherheit in Europa seien. Im Moment bestehe keine Gefahr, weil die Gasspeicher gut gefüllt seien.