Ölpreis-Crash setzt Afrikas Förderländer unter Druck
Stand: 21.01.2016
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Abuja/Khartoum - Afrikas Förderländer stehen angesichts des Ölpreisverfalls unter massivem Druck. Ihre Volkswirtschaften sind von den Ölexporten abhängig. Hält der Trend an, könnten einige Staaten gezwungen sein, Ölfelder zeitweise stillzulegen, so die Einschätzung der Experten.
In Schwarzafrika ist die wirtschaftliche Stabilität der größten Erdölproduzenten - wie Angola, Nigeria, Äquatorialguinea und Sudan - eng an den Export des schwarzen Golds gebunden. In Nigeria, der größten Volkswirtschaft des Kontinents, macht Erdöl nach Angaben des Internationalen Währungsfonds mindestens 80 Prozent aller Exporteinnahmen aus. In Äquatorialguinea sind es sogar 95 Prozent, im Sudan mehr als 56 Prozent und in Angola fast 48 Prozent. Die Einnahmen finanzieren große Teile des Staatshaushalts.
Trübe Prognosen für Afrikas Förderländer
Seit dem Preisverfall von Erdöl geht es den einst für ihr hohes Wirtschaftswachstum gefeierten Förderländern eher schlecht. "Wir erwarten, dass sich Nigerias aktuelles Haushaltsdefizit aufgrund des niedrigen Ölpreises verdoppelt", erklärt die Afrika-Analystin der Londoner Wirtschaftsforschungsfirma BMI Research, Francesca Beausang. Auch in Äquatorialguinea gebe es einen gefährlichen Abwärtstrend. Dort sei die Volkswirtschaft im vergangenen Jahr bereits um 12,6 Prozent geschrumpft.
Sind die Staatskassen leer, müssen Regierungen ihre Ausgaben drastisch zurückfahren. Angola habe bereits Haushaltskürzungen von 25 Prozent angekündigt, Nigeria von 23 Prozent, sagt Chris Bredenhann, Ölexperte der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) in Südafrika. Gestrichen werden vor allem Pläne für Infrastrukturprojekte - inklusive neuer Straßen, Häfen und Flughäfen sowie Krankenhäuser und Schulen. Wenn es hart auf hart kommt, könnten sogar Sozialleistungen gekürzt werden, so Bredenhann.
Politische Konflikte verschärfen die Lage
Im krisengeschüttelten Sudan und Südsudan ist der Preisverfall zusätzlich vom politischen Konflikt überlagert. Seitdem der Südsudan, der den Großteil der Ölfelder besitzt, Mitte 2011 Unabhängigkeit vom Sudan erlangte, der die Pipelines verwaltet, zahlt der Südsudan "Transitgebühren" in Höhe von umgerechnet 22,50 Euro pro Barrel - zusätzlich zu den Förderkosten. Bei einem Ölpreis von unter 30 Euro bedeutet das herbe Verluste.
Sollte sich Sudans Regierung nicht von einer Senkung der Gebühren überzeugen lassen, müsse der Südsudan seine Produktion einstellen, verkündete der südsudanesische Ölminister vergangene Woche einem Medienbericht zufolge. Das hätte drastische Folgen für beide Länder, warnen Experten. "Ein Produktionstopp wäre für Südsudans Wirtschaft fatal. Auch für den Sudan würde der Verlust der Pipeline-Gebühren zu einem Haushaltsdefizit führen", so Ahmed Hassan El-Jack, Wirtschaftsprofessor an Sudans Universität zu Khartoum.
Investoren wenden sich ab
Nigeria befindet sich in ähnlichen Schwierigkeiten. Bei dem niedrigen Ölpreis sei die Profitspanne minimal, erklärte ein Projektleiter der Firma Frontier Oil, Alhaji Abdullahi Bukar, diese Woche einer Gruppe von Journalisten in der Hauptstadt Abuja. "Die Gefahr ist groß, dass Ölfelder stillgelegt werden müssen, bis der Preis wieder steigt", so Bukar.
Der Preisverfall bringt zahlreiche andere negative Entwicklungen mit sich: ein verschlechterter Konjunkturausblick, abgewertete Währungen, zögerliche ausländische Investoren und steigende Inflation. Zehntausende von Menschen haben ihre Jobs verloren - nicht nur im Ölsektor, sondern auch in Zulieferindustrien.
In Angolas Hauptstadt Luanda, eine der teuersten Metropolen der Welt, stehen mittlerweile zahlreiche Zimmer in Luxushotels und für Ausländer angelegte Wohnkomplexe leer. Die für die Elite bestimmten Gourmet-Restaurants kämpfen um Gäste. "Die Zeiten hoher Gehälter und Zusatzleistungen sind vorbei", sagt Bredenhann.
Eins ist klar: es reicht nicht, auf einen neuen Boom zu warten. Afrikas Ölproduzenten müssen ihre Wirtschaften diversifizieren, um ihre Abhängigkeit vom Öl langfristig zu reduzieren, sagen Experten. Nigerias Präsident Muhammadu Buhari hat bereits angekündigt, das Land sei "keine Ölwirtschaft" mehr. Doch bislang ist das eher Wunschdenken als Realität.