Mieter: Verlierer der Energiewende?
Stand: 28.09.2012
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Berlin - Im Zuge der Energiewende will die Regierung Anreize für energetische Sanierungen schaffen. So sollen Vermieter, die ihr Eigentum sanieren, mehr Rechte bekommen. Das Nachsehen könnten die Mieter haben.
Deutschland gilt als Land der Mieter: In mehr als 22 Millionen der rund 40 Millionen Wohnungen hierzulande leben nicht die Eigentümer, sondern Nutzer auf Zeit. Die Energiewende ist für die Bundesregierung Anlass für eine Mietrechtsreform, die am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wurde. Denn das Einsparpotenzial gilt als enorm: Auf Wohnhäuser entfallen 40 Prozent des Energieverbrauchs. Daneben sollen "Mietnomaden" schärfer ins Visier genommen werden.
Was soll sich bei Energiespar-Sanierungen ändern?
Das Ziel der "energetischen Modernisierung" bekommt rechtlich mehr Gewicht. Damit sind neue Fenster und Heizungen gemeint oder bessere Fassadendämmungen. Mietern beschert das meist wochenlang Lärm, Staub oder ein Gerüst vor dem Fenster. Deswegen die Miete zu mindern wie bei anderen Arbeiten, soll aber drei Monate lang nicht mehr möglich sein. Die Regierung will so gerade private Vermieter zu Investitionen ermuntern. "Es kommt dem Mieter zugute, wenn es künftig günstigere Nebenkosten geben kann, weil der Energieverbrauch verringert wird", argumentiert Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Mietern bleibt allerdings ein Sonderkündigungsrecht zum Ende des übernächsten Monats.
Was sagen Mietervertreter und Vermieter?
Der Eigentümerverband Haus & Grund begrüßt die Reformpläne als überfällig. Klimaschonende Modernisierungen würden dadurch wesentlich erleichtert. Der Deutsche Mieterbund schlägt dagegen Alarm gegen das "Mietrechtsverschlechterungsgesetz" und glaubt nicht an einen Schub für Erneuerungen. Sollten in einem Zehn-Familien-Haus zwei Mieter die Miete um 20 Prozent kürzen, wären das bei einer Miete von je 600 Euro zusammen 240 Euro im Monat, rechnet Direktor Lukas Siebenkotten als Beispiel vor. "Hiervon aber wird kein vernünftig denkender Eigentümer eine Investition in Höhe von 300 Euro pro Quadratmeter, also etwa 200 000 Euro für ein Zehn-Familien-Haus, abhängig machen."
Was will die Regierung gegen "Mietnomaden" tun?
Besonders kleinen Vermietern können hohe Kosten entstehen, wenn sie "Mietnomaden" aufsitzen. So werden Mieter genannt, die keine Miete zahlen und sich aus oft verwahrlosten Wohnungen nur schwer herausklagen lassen. Künftig sollen Vermieter die Wohnung räumen lassen können, ohne gleichzeitig die Gegenstände in der Wohnung wegschaffen und einlagern zu müssen, was teuer und kompliziert ist. Neu geschaffen werden soll zudem ein neuer Kündigungsgrund: Auch wenn ein Mieter mit der Kautionszahlung zu sehr in Verzug ist, soll der Mietvertrag fristlos kündbar sein. Die Opposition bezweifelt, dass "Mietnomaden" ein Massenphänomen sind. Wegen Einzelfällen dürfe nicht das Recht für alle verschärft werden, kritisiert die SPD.
Was ist mit Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen?
Eine bisher mögliche Umgehung des Kündigungsschutzes bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll unterbunden werden. Nach dem "Münchener Modell" kann der Mieterschutz bisher ausgehebelt werden, wenn etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Haus kauft und zunächst auf Umwandlung in Eigentum verzichtet. Einem oder mehreren Mietern wird dann aber wegen Eigenbedarfs eines der Gesellschafter gekündigt. Eine Neuregelung soll das verhindern und Eigenbedarfs- Kündigungen in solchen Fällen für drei Jahre ausschließen.