Iranische Blockade könnte Ölpreis auf Rekordniveau treiben
Stand: 02.01.2012
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Frankfurt - Zum Jahresbeginn haben Meldungen aus dem Iran die Ölmärkte aufhorchen lassen. Das Regime in Teheran drohte mit der Blockade der Öllieferungen aus dem Persischen Golf. Während an den Ölmärkten noch die Gelassenheit überwiegt, sind sich Experten sicher: Die Ölpreise könnten stark steigen, wenn der Atomstreit zwischen dem Iran und den westlichen Industriestaaten eskaliert.
Zuletzt sorgte der Iran mit einem Raketentest zu Beginn des neuen Jahres für Schlagzeilen. Das Mitgliedsland der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hatte vor dem Hintergrund steigender Spannungen mit den USA seine modernste Schiffsabwehrwaffe getestet.
Das militärische Muskelspiel folgt einer Drohung des Regimes in Teheran, "kein Tropfen Öl mehr durch die Straße von Hormus zu lassen". Durch die etwa 50 Kilometer breite Wasserstraße transportieren Tanker einen beträchtlichen Teil des weltweit benötigten Rohöls. Die Meerenge sei ein "Nadelöhr" und die Gefahr einer Blockade durch den Iran real, sagte Rohstoffexperte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg.
Blockade ließe Ölpreise um 20 Prozent steigen
"Sollte der Iran tatsächlich die Drohung eine Blockade umsetzen, wird der Ölpreis in die Höhe schießen", warnte Schallenberger. Zwar könnten die strategischen Reserven der westlichen Industriestaaten die Lieferengpässe zunächst noch ausgleichen. "Aber die Reserven sind begrenzt". Falls die Lage tatsächlich eskaliere, dürften die Ölpreise nach Einschätzung des Experten zunächst um etwa 20 Prozent nach oben schießen.
Im Fall einer langfristigen Blockade seien auch neue Rekordpreise beim Öl möglich, warnte Schallenberger. Dann könnte der bisherige Höchststand beim US-Ölpreis aus dem Jahr 2008 bei knapp 150 Dollar je Barrel (159 Liter) noch übertroffen werden. Aktuell kostet ein Fass der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) 98,83 Dollar und ein Barrel der für den europäischen Handel wichtigen Nordseesorte Brent 107,38 Dollar.
Eine langfristige Blockade der Öllieferungen aus dem Persischen Golf hielt Schallenberger aber für sehr unwahrscheinlich. Zweifellos hätten alle Anrainerstaaten in der ölreichsten Region der Welt ein Interesse an einer freien Durchfahrt durch die Straße von Hormus. Sollte der Iran die jüngste Drohung in die Tat umsetzen und die Meerenge tatsächlich blockieren, wäre der Druck auf das Regime in Teheran enorm.
Geopolitische Risiken beeinflussen den Ölpreis
In den vergangenen Jahren hatten immer wieder geopolitische Risiken die Ölpreise bewegt. Zuletzt hatte der Bürgerkrieg in Libyen im vergangenen Sommer Unruhe an den Ölmärkten ausgelöst. Zeitweise kam die Ölförderung in dem Mitgliedsland der Opec völlig zum Erliegen. Die Öllieferungen aus Libyen sind aber nur ein Bruchteil dessen, was aus dem Persischen Golf in die Industriestaaten transportiert wird. Der Ausfall der Fördermengen aus Libyen stellte daher nach Einschätzung von Schallenberger auch nur ein kleines Problem für die Versorgung der Weltmärkte mit Rohöl dar und war "nicht so dramatisch".
Blockade oder nicht - Experten erwarten höhere Preise
Aber auch ohne eine Blockade im Persischen Golf rechnen Experten im neuen Jahr mit steigenden Ölpreisen. Als Treiber sehen Experten neben der starken Nachfrage aus den Boomregionen in Asien vor allem die Geldpolitik der führenden Notenbanken. So warnte Postbank-Experte Thilo Heidrich, dass "die extrem expansive Geldpolitik das Risiko stark anziehender Ölpreise" berge. Eine "zügellose Ausweitung der Geldmenge kann durchaus auch den Weg in die Rohstoffmärkte finden und die Ölpreise befeuern". Für die Verbraucher heißt das: Auch ohne eine Eskalation der Lage am Persischen Golf müssen sie sich wohl oder übel auf steigende Ölpreise einstellen.