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In Brunei wird das Öl langsam knapp

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Seria/Brunei - Hans-Peter Henneberg lebt in Brunei fast direkt am Meer. 20, 30 Meter sind es bis zum Strand. Der Bergwerk-Ingenieur aus Stuttgart könnte fast das Wasser sehen, wenn da nicht die große Ölpumpe wäre. Sechs Meter hoch ist die Anlage, deren mächtiger Kopf sich bedächtig auf und ab bewegt, um den teuren Rohstoff aus dem Boden zu befördern. Henneberg stört das nicht, von berufswegen sozusagen. Er ist Geologe bei der Ölfirma Brunei Shell Petroleum. Die fördert hier in Seria im Sultanat Brunei auf Borneo in Südostasien seit 80 Jahren Öl und hat damit den Grundstein für den Reichtum des Sultanats gelegt.

"Manchmal quietscht der Pumpenmotor" , sagte Henneberg. "Dann sagt man in der Firma Bescheid und es wird frisch geölt - kein Problem." In der Stadt mit rund 30.000 Einwohnern sind einige Hundert dieser Gestängetiefpumpen im Einsatz, am Strand, hinter dem Deich und auch vor der Moschee. "Nickende Esel" heißen sie bei Einheimischen - weil die Form der Pumpe bei ihrem monotonen auf und ab an Esel erinnert. "Hier in Seria werden rund 25.000 Barrel pro Tag gefördert", sagt Henneberg. Manche der Ölfelder liegen weit vor der Küste. Von Strand aus sind einige der über 200 Öl-Plattformen und Bohrtürme zu sehen.

Am Strand steht auch ein riesiges Monument mit sechs Säulen. Es wurde 1991 gebaut, als das einmilliardste Barrel Öl gefördert worden war. 90 Prozent des Geschäfts ist in den Händen von Brunei Shell Petroleum, einem Gemeinschaftsunternehmen des bruneiischen Staates und des britisch-niederländischen Weltkonzerns. Ende der 70er Jahre förderte Brunei Shell mit etwa 240.000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag eine Rekordmenge, in diesem Jahr rechnet das Unternehmen noch mit 160.000 bis 170.000 Barrel.

"Es ist bitterernst mit der Prognose, dass das Öl hier langsam zur Neige geht", sagt Henneberg. "Die größten Felder in dieser Region sind entdeckt und bereits halb geleert." Noch machen Öl und Gas mehr als 90 Prozent der Exporte aus und knapp Zweidrittel des Bruttoinlandsprodukts. Doch es geht unweigerlich bergab mit der Fördermenge. Mit neuen Methoden soll das Ende der Öl- und Gasindustrie hinausgezögert werden. Brunei Shell gilt als Pionier der "Angelhaken-Technologie". Dazu wird von Land aus gebohrt, um Ölschichten kilometerweit weg unter dem Meer anzuzapfen. Das ist billiger als die Fördertürme auf See einzurichten. Nach Prognosen reichen Bruneis Reserven noch 25 bis 40 Jahre.

Das weiß auch Sultan Hassanal Bolkiah, der mit Öl und Gas zu einem der reichsten Männer der Welt geworden ist. Der Herrscher über rund 380.000 Untertanen strebt die Diversifizierung der Wirtschaft an. So soll das Land mehr Reis, Gemüse und Obst anbauen. Bis 2015 sollen 60 Prozent des Reis-Bedarfs im eigenen Land produziert werden, und 2023 genügend Obst für die ganze Bevölkerung. Noch werden fast der ganze Reis und 60 Prozent der Früchte importiert. Die Pläne sind ehrgeizig, denn nur fünf Prozent des Bodens eigenen sich für den Anbau. Brunei, gut zweimal so groß wie Luxemburg, besteht weitgehend aus Regenwald.

Zudem soll der Bankensektor ausgebaut werden, vor allem mit dem immer populäreren Islamic Banking. Und die Regierung setzt auf Touristen. "Brunei ist zwar noch ziemlich neu im internationalen Tourismus, aber wir werden diesen wichtigen Wirtschaftssektor entwickeln", kündigte Industrieminister Pehin Dato Awg Hj Yahya an.

Noch ist Brunei mit einem Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 53.000 Dollar im Jahr das achtreichste Land der Welt. Der Sultan finanziert mit dem Geld nicht nur Paläste und eine Sammlung Luxus-Autos. Er bezahlt auch die Krankenversorgung, Schulen und Universitäten im Land, und speist einen staatlichen Vermögensfonds mit geschätzten Investitionen von 30 Milliarden Dollar. Der 63-Jährige zeigt sich auch gerne beim Verteilen von Almosen an die Ärmsten im Land. Bei der letzten Schenkung Anfang Oktober erklärte er sein Reich aber offiziell "frei von Armut". "Die Geschichte unseres Landes wird in goldener Tinte geschrieben", meinte er.