Gasleck auf Bohrinsel birgt Gefahren für Umwelt und Klima
Stand: 03.04.2012
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London - Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat mit Schadstoffmessungen im Meer rund um die Bohrplattform Elgin begonnen. Die Aktivisten berichten von einem großen Ölfilm auf der Wasseroberfläche. Doch die Auswirkungen auf das Klima könnten noch stärker als die Umweltverschmutzung sein.
Der Energiekonzern Total will im Kampf gegen das Gasleck in der Nordsee die Kontrolle über seine Förderplattform zurückgewinnen und ein Expertenteam dorthin schicken. Fachleute von Total und von der Fachfirma Wild Well Control, die auch im Kampf gegen das Ölleck an der explodierten US-Plattform "Deepwater Horizon" im Einsatz war, sollen in den nächsten Tagen auf die Plattform gebracht werden, sagte ein Total-Sprecherin am Montag in Aberdeen. Es fehle jedoch noch grünes Licht von den britischen Sicherheitsbehörden.
Explosionsgefahr: niemand darf auf die Plattform
Es wären die ersten Menschen, die die Plattform betreten, seit sie am Sonntag vor einer Woche evakuiert worden war. 238 Arbeiter wurden mit Hubschraubern in Sicherheit geflogen. Seitdem herrscht dort wegen des austretenden Gases Explosionsgefahr. Das Erlöschen einer Flamme, mit der überschüssiges Gas aus den Rohrleitungen der Plattform abgefackelt wurde, hat die Gefahr nach Einschätzung von Experten nur geringfügig verkleinert.
Total stehe in Kontakt mit den Sicherheitsbehörden und diskutiere mit ihnen, unter welchen Umständen die Arbeit auf der Förderplattform für die Betroffenen sicher stattfinden könne. Ob die Experten bereits mit der Abdichtung des Lecks beginnen können, oder sich erst ein Überblick verschaffen, sei noch nicht klar. Das Unternehmen erklärte, das Leck koste Total durch Produktionsausfälle - wie bereits kalkuliert - mehr als eine Million Euro pro Tag. Für mögliche Entlastungsbohrungen müssten mehr als 100 Millionen Euro eingerechnet werden.
Schwimmender Bohrturm soll helfen
Total habe bereits ein Schiff und einen schwimmenden Bohrturm gechartert, von wo aus die leckgeschlagene Bohrung mit Schlamm verfüllt werden soll. Zudem habe das Unternehmen Bohrausrüstung von zwei anderen Plattformen in der Nordsee geordert, um Entlastungsbohrungen durchzuführen. Mit Unterwassertechnik, die auf zwei Schiffen am Rande der Drei-Meilen-Sicherheitszone bereitsteht, solle nach dem besten Ort für diese Entlastungsbohrungen im Meeresboden Ausschau gehalten werden. Um die Technik einsetzen zu können, müsse aber erst eine ruhigere See abgewartet werden.
Nach Angaben der Betreiberfirma strömen von dem Leck etwa 25 Meter über dem Meeresspiegel täglich rund 200 000 Kubikmeter Gas aus - etwa der Jahresverbrauch von 1000 Einfamilienhäusern. Laut Greenpeace könnte der Wert möglicherweise höher sein. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation, die mit einem Forschungsschiff am Rand der Drei-Meilen-Sperrzone vor der Plattform operiert, bestehen Umweltgefahren weniger für im Wasser lebende Organismen, sondern eher für das Klima. Das austretende Methangas ist 20 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.
Annäherung nur auf drei Seemeilen
Wegen der noch nicht gebannten Explosionsgefahr konnte sich das Greenpeace-Schiff der Plattform nur auf drei Seemeilen nähern. Trotz der großen Entfernung entdeckten die Aktivisten eine lange Ölspur, die sich als dünner Film von der Bohrinsel in südliche Richtung zog. "Wenn wir das hier schon deutlich wahrnehmen, ist es für mich ein Indikator, dass es ein großer Unfall ist", sagte Christian Bussau, der die fünftägige Fahrt mit dem Forschungsschiff leitet. Mit der Katastrophe auf der 2010 in Brand geratenen Ölplattform "Deepwater Horizon" sei der Unfall in der Nordsee aber nicht vergleichbar.
Die Greenpeace-Aktivisten nahmen am Montag Boden- und Luftproben. Sie sollen in einem Hamburger Labor untersucht werden. Der Film aus dem ölähnlichen Gaskondensat und der Gasgeruch sei in der Gegend deutlich wahrnehmbar gewesen, berichteten Greenpeace-Mitarbeiter. Auch Aufnahmen mit Spezialkameras, von denen Aussagen zur Gaskonzentration erwartet werden, wurden gemacht.