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Gaskrise in Deutschland: Energie sparen und Geld zurücklegen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Gaskrise mitten im Sommer? Es fällt nicht leicht, sich bei hochsommerlichen Temperaturen einen drohenden Gasmangel im Winter vorzustellen. Doch seit Russland vergangene Woche die Liefermengen nach Deutschland um über die Hälfte gekürzt hat, ist die Sorge so groß wie nie, dass bald gar kein russisches Erdgas mehr nach Deutschland gepumpt wird - mit unabsehbaren Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Und auf die Nachbarländer: Schon jetzt sind von der Drosselung nach Deutschland etwa Frankreich, Österreich und Tschechien betroffen.

Sparappelle: Heizung runterstellen und kürzer duschen

Die Sparappelle sind unüberhörbar geworden, vor allem nach Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas am Donnerstag. Jeder in der Industrie und privat könne einen Beitrag leisten, sagte etwa Netzagentur-Chef Klaus Müller am Freitag im ARD-«Morgenmagazin». «Und ja, dazu gehört auch der Pulli, der Duschkopf, die Heizung ein bisschen runterstellen. All das hilft.» Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will mit gutem Beispiel voran gehen: «Ich halte mich an das, was mein Ministerium empfiehlt. Meine Duschzeit habe ich noch mal deutlich verkürzt», sagte der Grünen-Politiker dem «Spiegel».

Gaspreise sind stark gestiegen

Weniger Gas, höhere Preise: Bereits seit dem Herbst sind die Gaspreise auch für Haushaltskunden deutlich gestiegen. Aufschläge von 30, 50, 80 Prozent oder noch mehr sind keine Seltenheit. Doch das ist erst der Anfang: Die weitere Verknappung durch Russland hat im Großhandel den Gaspreis seit vergangener Woche Montag noch einmal um über 50 Prozent in die Höhe schießen lassen. Je nachdem, wie viel Gas die Versorgungsunternehmen nach der Drosselung jetzt an der Börse hinzukaufen müssen, werden die Verbraucherpreise weiter steigen - allerdings mit Verzögerung. Netzagentur-Chef Müller riet Bürgern mit Gasheizungen, Geld zurückzulegen. Seine Behörde teilte mit: «Unternehmen und private Verbraucher müssen sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen.» In Deutschland wird knapp die Hälfte aller Wohnungen mit Gas beheizt, rund 20 Millionen.

Noch viel höhere Gaspreise sind möglich

Doch es könnte noch schlimmer kommen: Damit die Gashändler nicht pleite gehen, weil sie die Mehrkosten erst deutlich später ihren Kunden in Rechnung stellen können, kennt das Energiesicherungsgesetz ein «Preisanpassungsrecht». Wird es von der Bundesregierung aktiviert, können die Unternehmen quasi sofort sämtliche Verträge kündigen und ihre Mehrkosten in neue Verträge einfließen lassen. Bereits eine Woche später würden die neuen, nochmal höheren Preise wirksam. Ein Dominoeffekt im Energiemarkt mit Versorger-Insolvenzen und Lieferausfällen soll so vermieden werden. Doch der Mechanismus habe auch Schattenseiten und würde zu sozialen Problemen führen, hatte Habeck gesagt. Daher arbeite man an Alternativen.

Entlastungen für Bezieher niedriger Einkommen

Der Deutsche Mieterbund forderte Entlastungen. «Mieterinnen und Mieter, die die hohen Energiekosten nicht mehr aus eigener Kraft zahlen können, brauchen zumindest für die Dauer der Energiekrise staatliche Unterstützung in Form von dauerhaften Heizkostenzuschüssen.» Auch Habeck hatte schon Entlastungen für Menschen mit niedrigen Einkommen in Aussicht gestellt: «Als Bundesregierung werden wir unseren Teil tun, um gerade die Menschen, die wenig verdienen, zu entlasten», hatte er am Donnerstag gesagt.

Weitere Maßnahmen, um die Speicher zu füllen

Auch die Wirtschaft wird weniger Gas verbrauchen. Aus der Reserve geholte Kohlekraftwerke sollen so bald wie möglich die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken ersetzen. Ein Auktionsmodell soll es der Industrie erleichtern, Gas einzusparen. Ziel ist, mit möglichst vollen Erdgas-Speichern in den Winter zu starten. Zu 90 Prozent sollen die Speicher am 1. November gefüllt sein. Doch es ist offen, ob das Pipeline-Gas aus Norwegen und den Niederlanden sowie das Flüssigerdgas (LNG), das in Frankreich, Belgien und den Niederlanden angelandet wird, dafür ausreichen. Immerhin: Seit Anfang April konnten die Speicher jeden Tag ein bisschen mehr gefüllt werden. Am Freitag vermeldete die Bundesnetzagentur einen Füllstand von knapp 59 Prozent.