Brüssel (dpa) - EU-Energiekommissar Andris Piebalgs rechnet mit dauerhaft hohen Erdöl-Preisen. "Wir können nicht erwarten, dass die Preise wieder sinken", sagte Piebalgs in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Brüssel. Hauptgrund für den Anstieg der Preise sei die Unsicherheit über die Nachfrage nach Rohöl. Die Verbraucher müssten sich auf das gegenwärtige Preisniveau einstellen, "weil die Unklarheit über die Nachfrage bestehen bleibt", meinte der Ressortchef für Energiefragen in der Europäischen Kommission.
Der sparsame Umgang mit
Energie gewinne angesichts dieser Entwicklung an Bedeutung. "Mit diesen Preisen macht Energiesparen Sinn - nicht nur in der Industrie, sondern auch privat", sagte Piebalgs. Derzeit sei Europa vom effizienten Einsatz der Energie "weit entfernt". Der Kauf sparsamerer Haushaltsgeräte und Autos sei aber ebenso möglich wie eine wirksamere
Wärmedämmung von Gebäuden: "Wir müssen nicht warten, bis es weh tut." Die Verbraucher müssten dazu allerdings besser über
Energiekosten aufgeklärt werden.
Piebalgs sprach sich zudem für die weitere Förderung erneuerbarer Energien aus. Sie seien notwendig für die
Versorgungssicherheit in Europa und der ganzen Welt. "Jetzt zeigt sich, dass die Förderung sinnvoll war", meinte der Energiekommissar mit Blick auf
Windräder und Solarsysteme. "In diesem Sinn ist es sogar positiv, dass die Preise hoch sind." Dies beschleunige beispielsweise eine Abkehr von immer noch eingesetzten Erdöl-Kraftwerken. Es berge auch Chancen für europäische Hersteller moderner Energietechnik.
Die negativen Auswirkungen des Ölpreises auf Europas Wirtschaft überwögen allerdings. "Ich glaube, der negative Einfluss auf das Wirtschaftswachstum in Deutschland und Frankreich ist schon da", sagte der Energiekommissar. Mit mehr Klarheit über Nachfrage und Angebot könnten zumindest die Preisschwankungen eingedämmt werden. Deshalb werde er im Herbst ein System zur Beobachtung der Energienachfrage vorschlagen, das europäischen Verbrauchsdaten auf dem Weltmarkt mehr Gewicht verleihen soll.
Der Ölpreis schwanke aber nicht nur wegen Unklarheiten über die künftige Nachfrage in der EU oder Schwellenländern wie Indien. "Jedes politische Ereignis beeinflusst den Preis", sagte Piebalgs. Er hoffe deshalb stark auf eine Verhandlungslösung im Streit über das Atomprogramm im Förderland Iran. "Wenn das schief geht, wird sich das stark auf den Erdöl-Preis auswirken", warnte der EU-Kommissar.