E.ON Hanse legt Kalkulation für Gaspreise offen
Stand: 27.10.2005
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Hamburg (dpa) - Im Streit um die Gaspreise will erstmals ein Unternehmen vor Gericht seine Kalkulation offenlegen. Der norddeutsche Energieversorger E.ON Hanse erklärte am Mittwoch in Quickborn, er habe nichts zu verbergen und wolle alle Zweifel an der Angemessenheit seiner Preise ausräumen. "Daher haben wir uns für die Offenlegung entschieden, denn unsere Kunden sollen uns vertrauen können", sagte der Vorstandsvorsitzende Hans-Jakob Tiessen. "Dass unsere Konkurrenten damit einen einseitigen Wettbewerbsvorteil erhalten, nehmen wir in Kauf." Die Klägerseite zeigte sich skeptisch.
Der Verbraucheranwalt Joachim Bluhm, der die 54 Hamburger Gaskunden vor Gericht vertritt, reagierte skeptisch auf die Ankündigung des Unternehmens aus dem E.ON-Konzern. "Diesen Auskünften sehe ich mit Spannung entgegen", sagte Bluhm der dpa am Mittwoch in Hamburg. Er bezweifele, dass es die Angaben sein werden, die E.ON schulde. Das Unternehmen werde nicht von heute auf morgen seine Argumentation von Wettbewerbsnachteilen vergessen, die bei einer Offenlegung entstünden. "Aber ich lasse mich auch gerne überraschen."
Die Energieversorger - darunter auch E.ON Hanse - begründen die stark steigenden Gaspreise mit höheren Bezugskosten seitens der Lieferanten. Die Bezugspreise seien vertraglich an die Marktpreise anderer Energieträger gebunden, vor allem für leichtes Heizöl. Diese Regelung schützt nach Ansicht der Unternehmen die Verbraucher, da die Lieferanten die Preise nicht beliebig in die Höhe schrauben könnten. Kritiker in den Verbraucherverbänden und dem Bundeskartellamt halten diese Ölpreisbindung dagegen nicht mehr für zeitgemäss und gehen generell gegen langfristige Lieferverträge vor.
Der Prozess der Verbraucher gegen E.ON Hanse hatte bundesweit grosse Aufmerksamkeit gefunden, da es sich um die erste Sammelklage handelte. Zuvor hatten Gerichte in mehreren Bundesländern bei Einzelklagen gegen die Preisgestaltung von Gasversorgern in erstinstanzlichen Urteilen teils für und teils gegen die Unternehmen entschieden. Rechtskräftige Urteile über die "Billigkeit" (Angemessenheit) von Gaspreisen in Versorgungsmonopolen liegen noch nicht vor.
Bundesweit weigern sich rund 500 000 Gaskunden, nach ihrer Ansicht überhöhte Rechnungen zu zahlen, sagen die Verbraucherverbände. Nach Angaben der Gaswirtschaft sind es höchstens 200 000. Dem Hamburger Verfahren wird eine Signalwirkung zugeschrieben. Beide Seiten haben angekündigt, den Instanzenweg bis zum Ende auszuschöpfen, so dass mit einer endgültigen Klärung vermutlich erst im Jahr 2008 zu rechnen ist.