Energiewende und Dienstautos: Klimakiller der Spitzenpolitiker
Stand: 08.05.2012
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Berlin - Die Energiewende ist derzeit eines der wichtigsten politischen Themen in Deutschland. Zahlreiche Politiker aus allen Parteien reden darüber, fordern mehr Taten und nutzen dies für Wahlkämpfe. Dabei sollten die meisten zunächst einen nachdenklichen Blick in ihre Garage werfen.
Wenn Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in seinen Dienstwagen steigt, kommt er schnell und bequem ans Ziel. Kein Wunder: Die Limousine hat 407 PS und schafft 250 Kilometer pro Stunde. Doch unterwegs wird dabei mehr als doppelt so viel Treibhausgas in die Luft geblasen wie die EU-Richtlinie vorsieht.
Rote Karte für jeden zweiten Ministerpräsident
Beim Blick auf die Dienstwagen deutscher Spitzenpolitiker wird schnell klar: Bei ihren Autos haben sie die Energiewende noch nicht geschafft. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat die Wagen von Bundesministern und Länder-Regierungschefs unter die Lupe genommen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis.
"Jeder zweite Ministerpräsident bekommt eine rote Karte", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Sie wird für Autos mit einem CO2-Ausstoß von mehr als 196 Gramm pro Kilometer vergeben. Der Zielwert der Europäischen Union liegt bei 130 Gramm.
Bouffier wollte Daten nicht herausgeben
Zum Vergleich: Seehofers Dienstwagen kommt auf 278 Gramm pro Kilometer und ist damit klimaschädlicher als der seiner Kollegen. Nur unwesentlich schlechter fällt aber das Ergebnis bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) aus. "Ihn mussten wir sogar verklagen", berichtet Resch.
Bouffier hatte sich geweigert, die Daten freiwillig herauszugeben. Er kommt mit 277 Gramm auf denselben Wert wie NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Damit zähle er zur "großen Koalition der Klimakiller", kritisiert Resch.
Politiker schieben Schuld auf Autobauer
Die hessische Landesregierung bemüht sich um Schadensbegrenzung: Staatskanzlei-Chef Axel Wintermeyer betont, es gebe nur sehr wenige Hersteller, die Fahrzeuge mit Sicherheitsaufbauten anböten. Von den geeigneten Fahrzeugmodellen habe Bouffier das mit dem niedrigsten CO2-Ausstoß. "Mehr kann der hessische Ministerpräsident nicht machen."
Gegenüber dem Vorjahr verschlechterte sich der beste Emissionswert nach DUH-Angaben um 32 Prozent - von 92 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer auf 123 Gramm. Damals setzten einzelne Politiker noch auf japanische Hersteller von Hybrid-Autos.
Daniel Bahr ist Schlusslicht
Sind also alle Politiker Klimasünder? Nicht ganz. Zumindest für die Mitglieder der Bundesregierung gibt es keine roten Karten. Positiv fällt die Bilanz aber auch nicht aus: "Kein Dienstwagen der Bundesminister, deren Daten erhoben wurden, schafft den EU-Zielwert", sagt Resch.
Schlusslicht ist Gesundheitsminister Daniel Bahr mit 183 Gramm CO2 pro Kilometer. Am wenigsten klimaschädlich fährt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP) - wirklich umweltfreundlich unterwegs ist sie mit 149 Gramm pro Kilometer allerdings auch nicht. Und der Umweltminister? Auch Norbert Röttgen (CDU) geht nicht mit gutem Beispiel voran - er landet im Mittelfeld.