Energie-Allianz: Medwedew und Merkel kämpfen für Ostsee-Pipeline
Stand: 06.06.2008
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Berlin (dpa) - Russland und Deutschland wollen bei der Energie-Versorgung Europas an einem Strang ziehen: Der neue russische Präsident Dmitri Medwedew und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigten am Donnerstag in Berlin an, die geplante Gaspipeline durch die Ostsee voranzutreiben und Widerstände der Anrainer-Staaten auszuräumen. Merkel sagte, das Milliardenprojekt sei nicht gegen irgendjemanden gerichtet. Medwedew betonte, die Pipeline nütze der Energieversorgung "des gesamten europäischen Kontinents". Russland ist der wichtigste Gaslieferant Deutschlands und der EU.
Nach Angaben von Medwedew ist die Gasröhre durch die Ostsee zusammen mit dem South Stream-Projekt - einer Pipeline von Russland nach Italien und Österreich - ein wichtiger Baustein für die Lieferbeziehungen zwischen der EU und Russland. Beim Zeitplan des Ostsee-Projekts bewege man sich immer noch in etwa im Rahmen der gesetzten Fristen, sagte der russische Präsident und Ex-Aufsichtsratschef des Staatskonzerns Gazprom.
Der Ostsee-Pipeline-Betreiber Nord Stream hatte den geplanten Beginn der Gaslieferungen zuletzt von 2010 auf 2011 verschoben. Der Chef des Nord-Stream-Aufsichtsrats, Ex-Kanzler Gerhard Schröder, erklärte Anfang des Jahres, die erwarteten Baukosten würden sich voraussichtlich von fünf auf acht Milliarden Euro erhöhen. Naturschützer warnen vor negativen Folgen für die Umwelt. Am Donnerstag machte das Nord Stream-Konsortium den Weg für die Vergabe eines Großauftrags für die Verlegung der Trasse durch die Ostsee frei.
So sollen innerhalb des nächsten Monats Verträge mit dem italienischen Unternehmen Saipem über die Verlegung der 1200 Kilometer langen Trasse unterschrieben werden, sagte Unternehmenssprecher Jens Müller der dpa. Das Auftragsvolumen beträgt rund eine Milliarde Euro. Nord Stream rechne unverändert im Jahr 2009 mit der Genehmigung für den Pipelinebau. Durch den ersten Leitungsstrang will Nord Stream von 2011 an jährlich 27,5 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Lubmin pumpen.
Medwedew machte deutlich, dass Russland großes Interesse an Investitionen in Westeuropa habe. "Nichts bringt die Menschen näher zusammen als das Geschäft." Er kündigte an, gerade die Kooperation im Mittelstand ausbauen zu wollen. Wirtschaftlich stehen sich beide Staaten so nah wie noch nie: Die Bundesrepublik ist Russlands wichtigster Handelspartner. Umgekehrt ist Russland für den Exportweltmeister der am schnellsten wachsende Auslandsmarkt. Die Ausfuhren stiegen 2007 um über 20 Prozent auf 28,2 Milliarden Euro.
Medwedew sagte, deutsche Unternehmen könnten sich in seinem Land stärker im Gesundheitsbereich oder im Wohnungs- und Straßenbau engagieren. Merkel versuchte vor allem von Gazprom geäußerte Bedenken zu zerstreuen, die EU wolle den Energiemarkt vor russischen Investitionen abschotten. Gazprom will sich an europäischen Versorgern beteiligen, um nicht nur an Förderung und Transport von Gas und Öl, sondern auch am lukrativen Endkundengeschäft zu verdienen.
Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold, bot Medwedew eine "enge Partnerschaft zur Modernisierung und Diversifizierung der russischen Wirtschaft" an. "Ich bin überzeugt, dass Deutschland und Russland natürliche Partner sind", sagte Mangold. Eine der größten Herausforderungen in Russland sei die Steigerung der Energieeffizienz. Beim Transport von Öl und Gas gingen über teils marode Pipelines bis zu 40 Prozent der Rohstoffe verloren.