Deutschland importiert Gas trotz eigener Reserven in Nordsee
Stand: 02.09.2011
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Hamburg/Zwijndrecht - Die Nordsee wird als Energielieferant Deutschlands unterschätzt. Die Niederlande und Norwegen stellen mehr als die Hälfte des Erdgases, das in Deutschland verbraucht wird, bereit. Zusammengenommen sind sie noch wichtiger als das größte Lieferland Russland. Aus dem Osten wird rund ein Drittel beigesteuert. Viele Gasfelder in der Nordsee haben zwar ihr Fördermaximum überschritten, und die Reserven sind sehr viel kleiner als die enormen russischen Bodenschätze, es ist jedoch immer noch genug da. Das deutsche Förderunternehmen RWE Dea investiert deshalb dreistellige Millionenbeträge in die Erschließung von Gasfeldern in der Nordsee.
"Wir wollen die Gasförderung in der Nordsee weiter entwickeln", sagte Thomas Rappuhn, der Vorstandsvorsitzende der RWE Dea, bei einem Besuch der Heerema-Werft in Zwijndrecht südlich von Rotterdam. Dort entstanden in den vergangenen Monaten zwei Förderplattformen für die Ölfelder Breagh und Clipper South östlich von Großbritannien, die im kommenden Jahr die Förderung aufnehmen sollen. Bei Breagh ist die RWE-Tochter mit 70 Prozent beteiligt, bei Clipper South mit 50 Prozent. Beide Projekte zusammen haben Investitionen von 670 Millionen Pfund (757 Millionen Euro) ausgelöst. Die Förderplattform für Clipper South ist schon vor Ort; in zwei Wochen wird auch die unbemannte Plattform für Breagh in das Fördergebiet rund 100 Kilometer östlich vom Festland geschleppt.
Die RWE-Dea-Förderung aus der britischen Nordsee steigt mit den neuen Projekten von gegenwärtig 600 Millionen auf mehr als zwei Milliarden Kubikmeter jährlich. Der Konzern will seine Öl- und Gasförderung in den kommenden fünf Jahren insgesamt auf umgerechnet 70 Millionen Barrel Öläquivalente verdoppeln und seinen Gewinn auf mehr als eine Milliarde Euro erhöhen. "Das sind alles nachgewiesene Reserven, die wir erschließen können", sagte Rappuhn. Dazu werde RWE Dea im Jahresdurchschnitt 1,1 Milliarden Euro investieren. Bis 2020 gebe es ein weiteres Potenzial bis auf 90 Millionen Barrel. Der Konzern fördert Öl und Gas nicht nur in Ländern wie Deutschland, Norwegen und Großbritannien, sondern ist auch stark engagiert in Ägypten, Libyen und Algerien und hat die Fühler ausgestreckt nach Turkmenistan, Aserbaidschan und in die Ukraine.
In der Debatte um die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien wird gelegentlich übersehen, dass weltweit der Bedarf an fossilen Energieträgern nicht sinkt, sondern steigt. RWE Dea steuert deshalb auf einem kontinuierlichen Wachstumskurs und hat seine Gewinne durch die hohen Ölpreise erheblich steigern können. Allein im ersten Halbjahr verdiente der Konzern 334 Millionen Euro, mehr als im gesamten Vorjahr. Als Tochterunternehmen des RWE-Konzerns ist jedoch auch RWE Dea von der Verkleinerung des Gesamtunternehmens betroffen. Er könne nicht völlig ausschließen, dass sich RWE von der Fördertochter komplett trennen werde, sagte Rappuhn in Zwijndrecht. "Wir setzen aber eher auf eine Veränderung des Portfolios", erklärte er. Das bedeute, dass sie RWE Dea von Förderlizenzen trennen könne. Die Ausbauziele blieben aber bestehen.
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