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Deutscher "Notfallplan Gas" liegt in der Schublade bereit

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP

Hamburg - Die Krim-Krise befeuert die Sorgen um Deutschlands Erdgasversorgung. Die Bundesrepublik deckte 2013 mehr als ein Fünftel ihres Gesamtenergiebedarfs mit Erdgas, von dem der weit überwiegende Teil importiert werden muss. Russland ist dabei ein Hauptherkunftsland  - und das lässt angesichts der Spannungen zwischen Moskau und dem Westen die Alarmglocken läuten. Als mögliche Achillesferse aber gilt die Gasversorgung schon länger. Spätestens seit den Ölkrisen der 1970er Jahre bereiten sich viele Staaten mit Notfallplänen darauf vor, Engpässe bei Energieträgern zu überstehen.

Sollte es tatsächlich zu einer großen Versorgungskrise kommen, könnten die Gas-Unternehmen in Deutschland zunächst auf 50 Speicher zurückgreifen, die auch der üblichen Abfederung von Nachfrageschwankungen dienen und nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bis zu 22,7 Milliarden Kubikmeter Gas fassen können. Bei maximalem Füllstand würden die unterirdischen Anlagen als eine Art strategischer Reservepuffer den deutschen Durchschnittsverbrauch noch für 80 Tage decken können.

"Notfallplan Gas" mit drei Stufen

Im Fall der Fälle könnten die Behörden aber zusätzlich dazu ein viel umfangreicheres Instrumentarium in Stellung bringen, um auf die Krise zu reagieren. Seit 2010 gilt EU-weit eine Richtlinie zur Sicherung der Gas-Versorgung. Der deutsche "Notfallplan Gas" kennt dementsprechend drei Stufen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe. Für jede Stufe ist festgelegt, wie in diesem Fall ein beim Bundeswirtschaftsministerium gebildeter Krisenstab aus Behörden und Versorgern handeln darf.

In den ersten beiden Stufen würden sich Energiefirmen noch in Eigenregie um eine Entspannung der Lage kümmern, etwa durch den Rückgriff auf ihre Speicher, den Kauf von Erdgas von alternativen Lieferquellen oder die Verschiebung von Erdgas innerhalb des nationalen und internationalen Pipelinenetzes. Dazu kam es bereits: 2012 sorgte eine Kältewelle dafür, dass in Europa mehr Gas benötigt wurde als gedacht. Die Versorger pumpten deshalb unter anderem in großem Umfang Gas von Nord- nach Süddeutschland.

Stufe 3: Bundesnetzagentur übernimmt Kommando

Sollten alle Maßnahmen zur Stabilisierung der Versorgung nicht ausreichen, könnte die Regierung per Verordnung die sogenannte Notfallstufe ausrufen und sich damit zur Bewältigung der Krise auch Kompetenzen aneignen, die in einer Marktwirtschaft sonst nicht üblich sind. Die Bundesnetzagentur in Bonn würde dann das Kommando über die deutsche Gasversorgung übernehmen und könnte einschneidende Zwangsmaßnahmen anordnen.

So könnte die Behörde Großverbraucher in der Industrie abklemmen oder die Beheizung öffentlicher Gebäude einschränken, um die Erdgasversorgung in wichtigeren Bereichen wie dem Wohnungsbestand aufrechtzuerhalten. Selbst Rationierungen für Bürger wären zulässig. Bis dahin aber genießen Haushaltskunden nach deutschem Recht einen bevorzugten Schutz, so dass die Versorger deren Belieferung nicht einschränken dürften.

LNG-Schiffe gefordert

Als wichtige Vorsorge gegen eine Versorgungskrise gilt grundsätzlich die Verteilung der Gaseinfuhr auf möglichst viele Lieferländer und Lieferwege. Die EU will ihre dahingehenden Bemühungen wegen der Krim-Krise noch einmal verstärken. In Deutschland mehrten sich in diesem Zusammenhang jüngst die Forderungen zum Bau eines Terminals für sogenannte Flüssiggastanker (LNG-Schiffe). Diese können Gas aus Ländern holen, zu denen es keine Pipelineverbindung gibt - etwa aus den USA.

Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Werner Kammer appellierte vor wenigen Tagen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich persönlich für den Bau eines solchen Terminals bei Wilhelmshaven einzusetzen. Planungen dafür liegen schon in der Schublade: Die Deutsche Flüssigerdgas Terminal Gesellschaft, eine 90-prozentige Eon-Tochter, besitzt alle notwendigen Genehmigungen und verfolgte jahrelang das Ziel, die nötige Infrastruktur zu errichten. Auch RWE plante in Wilhelmshaven einst ein LNG-Projekt.

In beiden Fällen schliefen die Planungen aber vor wenigen Jahren letztlich ein. Eon entschied sich 2008 endgültig gegen den Bau eines deutschen Flüssiggas-Terminals. Seine LNG-Geschäfte wickelt der Energieriese stattdessen über den "Gas Access to Europe"-Schiffsanleger im niederländischen Rotterdam ab, Europas größtem Hafen.