Deutsche Beteiligungen an Ostseepipeline-Gasfeld nehmen Konturen an [Zusammenfassung]
Stand: 27.04.2006
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Tomsk/Essen/Kassel (dpa) - Die Beteiligung der BASF-Tochter Wintershall an dem russischen Ostseepipeline-Gasfeld Juschno-Russkoje ist unter Dach und Fach. Damit hat sich zum ersten Mal ein ausländisches Unternehmen im russischen Gasgeschäft engagiert.
Der Vertrag wurde am Donnerstag im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Wladimir Putin von BASF-Chef Jürgen Hambrecht und seinem Gasprom-Kollegen Alexej Miller unterschrieben. Nach ähnlichem Muster wie bei Wintershall wird demnächst auch E.ON Ruhrgas in einem Tauschgeschäft an Juschno-Russkoje beteiligt. E.ON will Gasprom im Gegenzug an eigenen Gas-Tochtergesellschaften in Ungarn beteiligen, wie dpa aus Branchenkreisen erfuhr.
E.ON-Chef Wulf Bernotat sagte der dpa in Tomsk, der Vertrag stehe kurz vor dem Abschluss. Es müssten aber noch Bewertungsfragen geklärt werden. Der Vertragsabschluss war ursprünglich für April vorgesehen. "Das Abkommen mit E.ON könnte in den nächsten drei Monaten unterzeichnet werden", sagte der Gasprom-Vizechef Alexander Medwedew in Tomsk. Bei einer Einigung soll E.ON-Ruhrgas den gleichen 25- prozentigen Anteil wie BASF-Wintershall erhalten.
Juschno-Russkoje gilt wegen seiner geringen Tiefe als attraktives Vorkommen, dessen zugängliche Reserven auf 500 bis 700 Milliarden Kubikmeter geschätzt werden. Mit dieser Menge ließe sich rein rechnerisch der deutsche Gesamtverbrauch für fünf bis sieben Jahre decken. Gasprom gehören auch 51 Prozent der Betreibergesellschaft der Ostsee-Pipeline, bei der Altbundeskanzler Gerhard Schröder den Aufsichtsrat führt. Den Rest halten Wintershall und E.ON-Ruhrgas zu gleichen Teilen. Die Röhre soll vor allem aus dem Feld Juschno- Russkoje gespeist werden. Dieses Feld könnte von 2008 an die russischen Gaslieferungen nach Deutschland für 15 Jahre weitgehend allein sicher stellen.
Auch die Deutsche Bahn und die Deutsche Bank schlossen in Tomsk Vereinbarungen über Kooperationen mit russischen Partnern. Nach Ansicht des Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Bernd Pfaffenbach, sind die Vereinbarungen "von großer strategischer Bedeutung". "Es gibt keinen Abfall gegenüber der Regierungszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder", sagte er der dpa. Die Kanzlerin habe im Gegenteil den "Fahrtwind aufgenommen". Das werde von der Wirtschaft positiv bewertet.
Putin kündigte die Einrichtung einer deutsch-russischen Handelskammer in Moskau bis Jahresende an. Dies werde dem Mittelstand den Einstieg in Russland erleichtern, sagte Merkel. Deutsche Regierungskreise sprachen von einer "rasanten Beschleunigung des Handels mit Russland".
Bahnchef Hartmut Mehdorn vereinbarte mit dem Chef der russischen Bahn, Wladimir Jakunin, ein gemeinsames Logistik-Unternehmen zur Befrachtung der Transsibirischen Eisenbahn. Der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, unterschrieb unter anderem eine Grundsatzvereinbarung mit der Russischen Entwicklungsbank. Das größte deutsche Geldinstitut will nach Angaben des Vorsitzenden des Ost- Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Jürgen Mangold, den Partner beim Aufbau einer Infrastruktur für das Kreditgeschäft mit dem russischen Mittelstand beraten. Ziel sei es, dadurch selbst in diesem Geschäftszweig in Russland Fuß zu fassen.