Moskau (AFP) - Die russischen Aktionäre des britisch-russischen Gemeinschaftsunternehmens TNK-BP sind am Montag mit einem Versuch gescheitert, den britischen Chef Robert Dudley zu entmachten. Bei einer Aufsichtsratssitzung hätten drei Direktoren für den umstrittenen Manager gestimmt und zwei dagegen, hieß es in einer in Moskau veröffentlichten Erklärung der Firma. Zwischen Russen und Briten bei TNK-BP herrschen seit Monaten scharfe Spannungen, wobei die russische Seite das britische Management stark unter Druck setzt.
Das Ergebnis sei nicht erstaunlich, hieß es in einer Stellungnahme des Konsortiums AAR, da die drei Direktoren, die für Dudley gestimmt hätten, auch von ihm ernannt worden seien. AAR ist TNK-BP-Teilhaber und gehört den drei russischen Milliardären Viktor Wekselberg, Michail Fridman und Len Blawatnik. Sie liegen seit Monaten mit dem britischen Management im Clinch und werfen Dudley vor, ausschließlich britische Interessen zu vertreten.
In den Streit schalteten sich auch die russischen Behörden ein. Sie teilten kürzlich mit, mehrere ausländische TNK-BP Mitarbeiter müssten Russland verlassen, da ihre
Visa nicht gültig seien. Ende Mai wurde das Moskauer BP-Büro durchsucht, der russische Geheimdienst FSB beschuldigte zudem einige TNK-BP-Mitarbeiter der Industriespionage.
In der am Montag veröffentlichten Erklärung der russischen Aktionäre wurde das Management erneut scharf kritisiert. Seit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens im Jahr 2003 sei der Börsenwert von TNK-BP nur um 138 Prozent gestiegen. "Im Gegensatz dazu stieg Lukoils Wert um 467 Prozent, die russische
Börse wuchs um 355 Prozent", kritisierte der Sprecher von AAR, Stan Polowez, in dem Statement. "Es gibt nur eine Handvoll Firmen, die in den vergangenen fünf Jahren schlechter dastanden als TNK-BP, eine davon ist BP, deren
Aktie seit 2003 stagniert", hieß es in dem Schreiben.
Das Vorgehen der russischen Aktionäre gegen die britischen Teilhaber ist eines der auffälligsten Beispiele von Versuchen der russischen Seite, ausländische Kontrolle über die großen Energievorkommen Russlands zurückzudrängen. Diese entstand, als die Führung in Moskau Anfang der 90er Jahre den Sektor für ausländische Firmen öffnete, um die siechende Energieindustrie wieder auf die Beine zu bringen. Die Russen bei TNK-BP werfen ihren britischen Partnern vor, die Firma wie eine Filiale zu behandeln und die Expansion auf internationale Märkte zu verhindern, weil sie dort der Mutterfirma BP Konkurrenz machen würde.
Russlands Präsident Dmitri Medwedew und der britische Premierminister Gordon Brown waren am Montag am Rande des G-8-Gipfels zusammengekommen, um erstmals über mehrere bilaterale Probleme zwischen ihren Ländern zu beraten, darunter auch die Vorgänge bei TNK-BP.