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Immobilienmarkt im Osten: Boomende Städte, verlassene Dörfer?

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Dresden/Erfurt/Magdeburg - Der Immobilienboom geht dank niedriger Zinsen weiter. Doch das Gefälle zwischen Stadt und Land wächst. Und wie sieht es im Osten des Landes aus? Einige Beispiele:

Speckgürtel als Magnet

Arbeiten in Berlin, Wohnen in Brandenburg - der Speckgürtel um die Hauptstadt wächst. Der Leerstand von Mietwohnungen der kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften im Umland von Berlin liegt gerade einmal bei 2,3 Prozent. Die Nachfrage nach Bauland für ein Eigenheim steigt laut Immobilienverband Berlin-Brandenburg stark - vor allem bei jungen Familien. Das schlägt sich auch in den Grundstückspreisen nieder, die teils weit über den Bodenrichtwerten liegen. Der Obere Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Brandenburg nennt etwa Königs-Wusterhausen südöstlich von Berlin. In einigen Ortsteilen gibt es in diesem Jahr Preissteigerungen für Bauland zwischen 15 und 20 Prozent. Ende 2015 kostete im Speckgürtel ein freistehendes Einfamilienhaus im Schnitt rund 250 000 Euro, in Brandenburg waren 179 000 Euro fällig.

Prämien für Zuzügler

Lange Wege nach Berlin - das ist ein Grund, warum es Regionen wie das südbrandenburgische Grenzgebiet zu Polen schwerer haben. Fast jede fünfte Wohnung (17,4 Prozent) der kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften steht leer. Viele Kleinstädte überlegen sich, wie sie Zuzügler locken können. Guben mit knapp 18 000 Einwohnern etwa hat vor kurzem ein Förderprogramm aufgelegt. Ein Teil der Umzugskosten wird demnach erstattet, wenn Zuzügler aus anderen Städten kommen - bis zu 1000 Euro pro Antragsteller. Bei Paaren oder Familien erhöht sich die Förderung. Der Kommune zufolge gab es etliche Nachfragen - aus brandenburgischen Städten, aber auch dem Allgäu, Jena oder Sachsen-Anhalt.

Teures Pflaster

In Städten, die als wirtschaftliche Leuchttürme gelten und junge Leute anziehen, müssen Immobilienkäufer tief in die Tasche greifen. Als besonders teures Pflaster im Osten gilt die Thüringer Industrie- und Universitätsstadt Jena. Im Schnitt 339 000 Euro müssen nach dem jüngsten Immobilienmarktbericht der Landesregierung dort Käufer von Ein- und Zweifamilienhäusern auf den Tisch legen. Innerhalb eines Jahres stiegen die Preise in Jena um stolze 11,7 Prozent. Das Angebot sei knapp, die Nachfrage hoch. Das treibe die Preise, berichten Makler. Händeringend suchen sie nach Objekten für Kauf- und Bauwillige. Wie weit sich Jena vom Thüringer Immobilienmarkt entfernt hat, zeigt eine Zahl: Im Durchschnitt kosten freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser rund 102 000 Euro.

Der Boom strahlt aus

Wenn eine begehrte Stadt dicht ist, freut sich die nächste. Statt nach Immobilien in Leipzig suchten immer mehr Investoren und Privatleute im etwa 40 Kilometer entfernten Halle in Sachsen-Anhalt, berichtet Beate Lüthje, Shopmanagerin bei Engel und Völkers in Halle. Sanierer suchten nach Mehrfamilienhäusern, Zugezogene nach gehobenen Eigentumswohnungen. "Das ist ganz klar der Ausstrahleffekt von Leipzig", sagt Lüthje. "Leipzig ist für Investoren quasi ausverkauft, und die Preise sind jenseits von Gut und Böse." Inzwischen sei die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Halle größer als das Angebot. "Da müssen wir noch einige Sanierungen abwarten." Doch es gibt nicht nur Gewinner: Seit Halle im Aufwind sei, verliere der vorher boomende Speckgürtel zwischen Leipzig und Halle. "Der Trend geht vermehrt zurück in die Stadt."

Gespaltene Region

Der Immobilienmarkt in Mecklenburg-Vorpommern ist zweigeteilt. Während die Nachfrage nach Wohnraum in Rostock, Schwerin und den Städten entlang der Ostseeküste ungebrochen ist, sind in der Fläche schon auf niedrigerem Niveau auch weiter rückläufige Preise zu beobachten, berichtet der Immobilienverband Deutschland Nord. In Rostock, wo die Mitarbeiter vieler neuer Firmenansiedlungen nach Wohnraum suchen, sei das Niveau schon heute sehr hoch. Trotzdem haben die Preise bei Einfamilienhäusern mit einfachem oder mittlerem Wohnwert binnen Jahresfrist noch einmal um rund 15 Prozent angezogen. Bei sehr gutem Wohnwert sei dagegen keine Veränderung mehr zu verzeichnen, hier sei vielfach das obere Level erreicht.

Grenzregionen haben es schwer

In Sachsen sind Eigenheime billig im Vogtland oder rund um Görlitz - Regionen, die nahe an der Grenze zu Tschechien und Polen liegen. Während etwa ein Eigenheim in Leipzig um die 250 000 Euro kostet, sind in Zittau gerade einmal 80 000 Euro fällig, 105 000 Euro in Görlitz. Laut Immobilienverband Deutschland (IVD) Mitte-Ost droht Immobilien vor allem dort ein Werteverfall, wo Kindergärten und Schulen schließen und es kaum medizinische Versorgung gibt. "Dann kann auch die angedachte Altersvorsorge in Gefahr sein", sagt der Vorsitzende Karl-Heinz Weiss. Auf der anderen Seite sieht der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen Potenzial im Dreiländereck - wenn grenzübergreifend gedacht wird. So wachse das tschechische Liberec (Reichenberg) rasant, davon könne etwa Zittau profitieren.

Kleinere Städte im Aufwind

Klein, aber fein: Die sächsische Bergstadt Freiberg hat eine Universität, ein attraktives Umland und ist nicht weit von Dresden entfernt. "Es gibt junge Menschen, Kultur, Ärzte und Bildungsangebote - Freiberg funktioniert", sagt Karl-Heinz Weiss vom IVD Mitte-Ost. Die Stadt mit rund 40 000 Einwohnern ist eine Alternative für jene, die sich die Großstadt nicht leisten wollen oder können - und es etwas ruhiger mögen. Für eine Eigentumswohnung sind im Schnitt 1600 Euro pro Quadratmeter fällig, ein Eigenheim kostet rund 180 000 Euro.