Extra-Gebühren für Bausparer in der Kritik
Stand: 08.11.2016
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Karlsruhe - Bausparverträge sind in Deutschland noch immer sehr beliebt – gerade jetzt, in der Niedrigzinsperiode. Doch die zum Teil differierenden Konditionen der Bausparkassen stehen auch in der Kritik. Erst kürzlich landete ein Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Bausparen - wie funktioniert das gleich wieder?
Bausparen ist eine Kombination aus Geld ansparen und Geld leihen. Der Kunde verpflichtet sich, einen Teil der Bausparsumme über die Jahre selbst einzuzahlen. Die Differenz kann er nach einer bestimmten Zeit als Darlehen in Anspruch nehmen, sobald der Vertrag "zuteilungsreif" ist. Im Unterschied zu einem normalen Immobiliendarlehen steht die Höhe der Zinsen weit im Voraus fest und der Kredit kann vorzeitig ohne Extra-Kosten zurückgezahlt werden. Bausparer können außerdem von staatlicher Förderung wie der Wohnungsbauprämie profitieren.
Wie verbreitet ist Bausparen?
Nach Zahlen des Verbands der Privaten Bausparkassen gab es 2015 knapp 30 Millionen Bausparverträge in Deutschland. Damit komme auf jeden zweiten Haushalt mindestens ein Vertrag. 2,7 Millionen Verträge wurden im vergangenen Jahr neu abgeschlossen. Unter den zwölf privaten Bausparkassen sind Schwäbisch Hall, Wüstenrot und BHW die größten. Im öffentlich-rechtlichen Bereich teilen sich acht Landesbausparkassen den Markt regional auf.
Worum geht es vor dem BGH?
Vor allem ältere Verträge sehen zum Teil eine Darlehensgebühr vor. Diesen Betrag müssen Bausparer zahlen, wenn sie das Darlehen in Anspruch nehmen möchten. Die Verbraucherzentrale NRW hält diese Praxis für unzulässig. Sie hat die Bausparkasse Schwäbisch Hall wegen einer Klausel verklagt, die eine Gebühr in Höhe von zwei Prozent der Darlehenssumme vorsah. Für 30 000 Euro Kredit wären das 600 Euro. Nicht zu verwechseln ist sie mit der Abschlussgebühr, die einmalig für Neu-Bausparer anfällt. Diese Gebühr hat der BGH 2010 bestätigt.
Wie stehen die Chancen?
Die Verbraucherschützer setzen ihre Hoffnung in eine BGH-Entscheidung von 2014. Damals hatten die Richter es mit Bearbeitungsentgelten zu tun, die Banken Kreditnehmern unabhängig von der Laufzeit in Rechnung stellten. Und sie kippten diese Extra-Gebühren: Finanzinstitute dürften Kosten, die in ihrem eigenen Interesse entstehen, nicht einfach abwälzen, hieß es damals. "Das gilt genauso für Bauspardarlehen", ist Bankenrechtsexperte Christian Urban von der Verbraucherzentrale NRW überzeugt. Das Oberlandesgericht Stuttgart sah das in der Vorinstanz allerdings anders: Die Richter meinten, dass Bausparverträge einige Besonderheiten aufweisen. Die Gebühr sei über Jahrzehnte üblich gewesen, und der Gesetzgeber habe sie so gebilligt. Welche Auswirkungen hätte es, wenn der BGH die Gebühr kippt?
Nach den Urteilen von 2014 konnten Bankkunden das gezahlte Bearbeitungsentgelt zurückfordern. Wie viele das getan haben, ist unklar. Einen Musterbrief der Stiftung Warentest hatten bis Februar 2016 aber zum Beispiel fast zwei Millionen Menschen heruntergeladen. Die Darlehensgebühr findet sich nach Auskunft der Dachverbände bei keiner Bausparkasse mehr in Neuverträgen. Schwäbisch Hall hat sie nach eigenen Angaben bereits 2000 abgeschafft. Wüstenrot bietet seit Oktober 2013 keine Tarife mit der Gebühr mehr an. Vorteile hätten also Darlehensnehmer, bei denen Rückzahlungsansprüche nicht verjährt sind, und Bausparer in der Sparphase. Zahlen gibt es dazu nicht.
Ist mit einem Urteil die Rechtslage endgültig geklärt?
Nein, denn ein heißes Eisen bleibt in der Niedrigzinsphase der Streit um hoch verzinste Altverträge. Für deren Inhaber kann es lohnen, das Darlehen trotz Zuteilungsreife nicht in Anspruch zu nehmen, um möglichst lange von den Guthabenzinsen der 90er Jahre zu profitieren - zumal normale Baukredite günstig zu haben sind. Die Bausparkassen bringt das in Schwierigkeiten. Sie haben seit 2015 bereits etwa eine Viertelmillion Verträge gekündigt. Einige Oberlandesgerichte haben sie darin bestätigt, es gibt aber auch Urteile im Sinne der Bausparer. Wer Recht hat, klärt der BGH voraussichtlich 2017.