Bausparvertrag gekündigt: Was kann ich tun?
Stand: 07.11.2016
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Düsseldorf - Immer wieder hört man davon, dass Bausparkassen die für sie teuren Altverträge ihrer Kunden kündigen. Doch Bausparer, die in solch einer Situation sind, müssen dies nicht hinnehmen. Sie können gegen die Kündigung Widerspruch einlegen und versuchen, weiterhin von den gutverzinsten Altverträgen zu profitieren.
Es ist ein Produkt, das viele haben: der Bausparvertrag. Knapp 30 Millionen Verträge wurden nach Angaben des Verbandes der Privaten Bausparkassen im Jahr 2015 in Deutschland gezählt. Eine Vielzahl davon wurde schon vor über 20 Jahren abgeschlossen. Damals versprachen die Anbieter ihren Kunden bis zu fünf Prozent Zinsen. Doch genau diese Zusage bereitet den Bausparkassen heutzutage angesichts der Nullzinspolitik Probleme: Die gut verzinsten Alt-Verträge schmälern die Erträge der Bausparkassen. Die Anbieter wollen das nicht hinnehmen. Sie haben den Kunden mit Alt-Verträgen gekündigt - entweder, weil die Verträge schon länger zuteilungsreif sind oder weil die Bausparsumme bereits voll angespart ist. Aber ist das überhaupt rechtmäßig? "Unstreitig ist, dass Bausparkassen Bausparverträge kündigen dürfen, bei denen die Bausparsumme vollständig angespart ist", sagt der Düsseldorfer Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thomas Meschede.
Bausparen ist Zwecksparen
In solchen Fällen ist die Bausparsumme erreicht und der Zweck der Anlage damit entfallen. "Bausparen ist Zwecksparen und eben keine zinsgünstige Geldanlage", betont Alexander Nothaft vom Verband der Privaten Bausparkassen in Berlin. Ein Darlehen können die Kunden nicht mehr in Anspruch nehmen. "Solche Kündigungen sind von zahlreichen Gerichten bereits als rechtens eingeordnet worden", erklärt Meschede. Juristisch umstritten sind nach seinen Angaben dagegen Kündigungen, wenn der Bausparvertrag zwar zuteilungsreif, aber noch nicht voll bespart ist. Die Bausparkassen argumentieren, dass sie ein Kündigungsrecht haben, wenn seit Eintritt der Zuteilungsreife zehn Jahre vergangen sind. Sie berufen sich hierbei auf das Kündigungsrecht nach Paragraf 489 Abs. 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach kann der Darlehensnehmer das Darlehen spätestens zehn Jahre nach vollständigem Empfang kündigen. "Die Besonderheit beim Bausparvertrag ist, dass der Anbieter und der Bausparer ihre jeweilige Rolle als Darlehensnehmer beziehungsweise Darlehensgeber im Verlauf der Vertragsbeziehung tauschen", erläutert Nothaft.
Die Bausparkasse erhält vom Sparer die Sparraten sozusagen als Darlehen. Im Gegenzug bekommt der Sparer Zinsen. Zehn Jahre nach vollständigem Empfang kann nach dieser Argumentation der Darlehensnehmer, also die Bausparkasse, das Darlehen kündigen. Diese Sichtweise stützen unter anderem das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 31 U 234/15, 31 U 271/15 und 31 U 278/15), das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 8 U 11/16) und das Oberlandesgericht Celle (Az.: 3 U 207/15). Daneben gibt es aber auch Entscheidungen zugunsten der Bausparer. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart in zwei Verfahren entschieden, dass die Kündigung eines zuteilungsreifen, aber noch nicht voll besparten Bauvertrags nicht rechtmäßig war - eben weil die Bausparsumme noch nicht erreicht war (Az.: 9 U 230/15, 9 U 171/15). Beide Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig. Die Frage muss der Bundesgerichtshof (BGH) abschließend klären.
Gegen die Kündigung wehren
Wer von seiner Bausparkasse eine Kündigung des Bausparvertrags erhalten hat und damit nicht einverstanden ist, sollte sich dagegen schriftlich zur Wehr setzen, rät Annabel Oelmann, Vorstand der Verbraucherzentrale Bremen. Einen Musterbrief für einen Widerspruch der Kündigung stellen die Verbraucherzentralen zur Verfügung. "Besteht die Bausparkasse trotz des Widerspruchs auf die Kündigung, bleibt für Verbraucher meist nur der Weg über einen Fachanwalt." Meschede verweist auf die Bausparbedingungen, die in der Regel vorsehen, dass der Bausparer auch nach Zuteilungsreife die Zuteilung nicht annehmen muss - "das heißt, er muss das Bauspardarlehen nicht abrufen, sondern darf beziehungsweise muss weiter Einzahlungen leisten", so der Anwalt. Vor diesem Hintergrund sei es keineswegs sicher, dass die Bausparkassen mit den Kündigungen vor dem BGH durchkämen.
Bei Kündigungen aufgrund spezieller Vertragsbedingungen können sich Bausparer auch kostenlos an den für ihre Bausparkasse zuständigen Ombudsmann wenden. Allerdings hilft er im Fall einer Kündigung eines zuteilungsreifen, aber noch nicht voll besparten Bausparvertrags nicht weiter. "In Fällen, bei denen der Sachverhalt höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, darf aufgrund einschlägiger Regelungen ein Ombudsverfahren nicht stattfinden", sagt Nothaft. "Solange der Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif ist, besteht für die Bausparkasse keine Handhabe für eine Kündigung", betont Oelmann. Die Zuteilungsreife lässt sich nach ihrer Aussage etwa hinauszögern, indem die Sparrate reduziert wird. "Einige Bausparkassen versuchen derzeit, Bausparer mit anderen Angeboten aus ihren gutverzinsten Altverträgen zu locken", sagt Oelmann: "Verbraucher sollten sich von diesen vermeintlich besseren Angeboten nicht täuschen lassen und diese genau prüfen." Im Zweifelsfall gibt es Hilfe bei einer Verbraucherzentrale oder bei einem Anwalt.